Die jüngste Meldung lässt ihn als Messias der Finanzwelt dastehen. Er investiert fünf Mrd USD in die marode Bank of America, die größte amerikanische Privatbank, und rettet sie damit. Allein weil er so viele Fans hat - zu seiner Hauptversammlung in Omaha strömten letztes Jahr 37000 Aktionäre und Besucher aus der Finanzwelt - werden seine Entscheidungen als richtungsweisend angesehen, und jedes Investment von Buffett besitzt Signalwirkung. Der Finanzmärkte danken es ihm mit steigenden Kursen weltweit. Doch selbstlos ist Buffett nie. Geschenke verteilt er auch keine. Sechs Prozent Zinsen muss die Bank of America ihm für die fünf Mrd USD zahlen, das sind 300 Mio USD - pro Jahr. Gut, man könnte sagen, niemand ist verpflichtet, Geschenke zu machen. Doch 300 Mio USD ist eine utopische Summe, die die Bank of America verdienen muss - der Profiteur heißt Warren Buffett. Zum Vergleich: ein Mensch mit 2000 USD Netto-Monatseinkommen müsste 12500 Jahre arbeiten, um diese 300 Mio USD zu verdienen. Die Bank of America will bis Oktober 2011 3500 Mitarbeiter entlassen, weitere Entlassungen sollen folgen. Gut, das hatte die Bank schon vor der Finanzspritze von Warren Buffett geplant, und vielleicht rettet er mit seinem Geld, das er der Bank of America borgt, sogar ein paar Bankangestellte. Mag sein. Dennoch: das 300 Mio USD pro Jahr müssen irgendwo her kommen.

Wo kommt denn das Geld her?

Buffett hatte in der Finanzkrise von 2007 der amerkanischen Großbank Goldman Sachs schon mal fünf Mrd USD geliehen, damals mit zehn Prozent Zinsen per Jahr, und bekam das Geld in diesem Frühjahr zurück - mit einem Profit von ca. 3,7 Mrd USD. Auch Goldman Sachs plant Entlassungen, wie viele, ist noch nicht ganz klar. Warren Buffett erklärt immer wieder, dass er in Unternehmen investiert, die eine einen guten Kern besitzen, und sich längerfristig gut entwickeln. Ein paar arbeitslose Banker können bei einem Bürger allerdings nicht gleich heftiges Mitleid erregen. Immerhin waren sie nicht unschuldig an der momentanen Finanzkrise. Doch die interessantere Frage ist in dem Zusammenhang: wo kommt denn das Geld her? Denn bei 35700 Mitarbeitern, die Goldman Sachs weltweit beschäftigt, kommen selbst bei einer großen Kündigungswelle die 3,7 Mrd USD nicht durch Personaleinsparungen zusammen.

Hedgefondsmanager George Soros

Sehen wir uns einen anderen Investor an: den Hedgefondsmanager George Soros. Er verfügt zwar „nur" über ein Vermögen von ca. 14 Mrd USD, doch genauso wie Buffett ist er ein Profiteur der Aktienmärkte, dessen Gewinne weit jenseits dessen stehen, was ein Mensch an Bedürfnissen haben kann. Im Gegensatz zu Buffett hat Soros sein Geld mit spekulativen Finanzprodukten verdient. Buffett hat immer in Unternehmen investiert, von denen er ausging, dass sie sich langfristig positiv entwickeln (behauptet er zumindest selbst - sein Engagement bei Goldman Sachs zeigt aber eher auf eine spekulative Anlagestrategie), Soros hingegen investiert - vereinfacht gesagt - gleichzeitig in steigende und fallende Aktien, und kassiert die Differenz als Gewinn. Auf seiner Webseite leuchtet dem Besucher das Wort "Philanthropy" entgegen. Der Mann, in seiner Jugend studierte er gemeinsam mit Karl Popper, unterstützt selbstverständlich wohltätige Stiftungen.

Enge Freunde

Während die beiden Investoren ihre Gewinne einstreichen, wird es anderswo verdient. Nirgends kommt das so deutlich zum Vorschein, wie bei der Bill & Melinda Gates Foundation, eine Stiftung des Microsoft-Gründers Bill Gates, an die Warren Buffett 30 Mrd USD seines Vermögens spenden will. Bill Gates und Warren Buffett sind enge Freunde, die immer bei der jährlichen Hauptversammlung von Buffetts Investmentfonds Berkshire Hathaway vor Publikum eine Runde Bridge spielen.

Die Bill & Melinda Gates Foundation, die jährlich ca. 1,1 Mrd USD für Forschung an Impfstoffen, Verbesserung von Toiletten und Stipendien für sozial Benachteiligte weltweit ausgibt, erwirtschaftet dieses Geld mit Investitionen in Firmen, die durch ihre laxe Art des Wirtschaftens tausende von Menschen krank macht, indem sie z.B. mit Erdöl und Chemikalien das Grundwasser und den Boden verseucht oder durch großangelegte Grundstückskäufe indigene Völker aus ihren Gebieten vertreibt. Dies deckte bereits 2007 die „Los Angeles Times" auf. Die Stiftung reagierte darauf, indem sie künftig den Investment-Zweig stärker von den wohltätigen Bemühungen trennen will. Also nicht etwa indem sie in Unternehmen investiert, die ihre Mitarbeiter besser oder die Umwelt schonender behandeln.

Da nimmt es dann auch nicht wunder, dass ein Investor wie Soros, der auf seiner Hompage mit „Philanthropy" wirbt, während andere noch ins Gold flüchten (das Soros Anfang des Jahres abgestoßen hat) bereits Ackerland in Südamerika aufkauft. Denn es wird prognostiziert, dass die Lebensmittelpreise in den kommenden Jahren stark steigen werden.

Reines soziales Gewissen?

Am Ende soll niemand sagen können, die Investment-Banker wären Schuld an einer Rezession. Und im Grunde möchte man es ihnen glauben - denn was hätten sie von einem Bürgerkrieg in Europa und den USA aufgrund von stark gestiegenen Lebensmittel- und Rohstoffpreisen und hoher Arbeitslosigkeit? Jetzt lassen sie sich als Philanthropen und Retter von Unternehmen in Krisenzeiten feiern. Eine Krise, die sie selbst mit herbei geführt haben und an der sie gut verdienen. Das einzige, was diese 80-jährigen Kapitalisten fürchten können, ist, dass der wütende Mob an ihre hoch gesicherten Häuser kommt an ihren Lynchjustiz verübt, weil sie die Wohlstandsstaaten ausgesaugt haben (Warren Buffet gibt pro Jahr 350.000 USD für seine Sicherheit aus). Daher investieren sie nun in Wohltätigkeit. Aber das leider auch nur scheinbar, sonst müsste man ihnen wirklich verzeihen.
Es wäre auch zu schön gewesen, wenn diese Milliardäre ein soziales Gewissen hätten. (Leser-Kommentar, derStandard.at, 29.8.2011)