Der "Vertrag über die Erfüllung von Schadenersatzansprüchen" mit der Telekom war Ex-Manager Schieszler dann doch zu heiß.

Faksimile: Standard
Grafik: Standard

Knebelungsvertrag, wie der Anwalt von "Kronzeuge" Gernot Schieszler sagt, oder unzulässiger Freibrief, wie die Telekom behauptet? Im Korruptionsfall Telekom belastet jeder jeden, derzeit geht es um einen Vertrag mit dem Ex-Manager.

Wien – Im Telekom-Korruptionsskandal gibt es Verwirrung über einen Deal zwischen der Telekom Austria (TA) um Möchtegern-Kronzeugen, Gernot Schieszler. Laut Vertragsentwurf sollte der frühere Festnetz-Finanzchef (siehe Grafik) bei der Aufklärung intensiv mitarbeiten. Im Gegenzug sollte die TA auf Schadenersatzklage gegen den ehemaligen Festnetz-Direktor verzichten. Der Vertrag kam nicht zustande.

Warum, ist nach einem Blick auf den mit 7. Juli 2011 datierten Vertragsentwurf verständlich, er hätte für Schieszler mehrere Fußangeln gehabt: Die TA hätte den Vertrag jederzeit auflösen können, "wenn es zur Einleitung von Verfolgungsschritten gegen die A1 Telekom nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz" käme, wie es wörtlich auf Seite 7 heißt (siehe Faksimile). Schieszler wäre in dem Fall "einen sehr hohen Betrag zur Schadenswiedergutmachung", den er laut Vertrag bis 15. Juli an die TA zahlen sollte, losgewesen und wäre mit seinem Geständnis übriggeblieben. Laut Standard-Recherchen ging es um 300.000 Euro.

Die Anregung zur Kooperation, die Geschäftsfälle rund um das Agenturnetzwerk Hochegger/Valora umfasste, sei im Zuge der Kronzeugenregelung gekommen, die Schieszler im Zuge seiner Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft vorgeschlagen wurde. Schieszlers Rechtsanwalt, Stefan Prochaska, habe vorgeschlagen, dass TA mit an Bord sein sollte, weil diese alle Unterlagen zur Verfügung habe. Schieszler habe zunächst zugestimmt, auch der Wiedergutmachungszahlung. Den letztendlich von der TA vorgelegten Vertragsentwurf mit "Knebelklausel", habe er dann aber doch nicht zustimmen können. In der Folge habe Schieszler nur mehr mit der Staatsanwaltschaft kooperiert, sonst hätte er deren Angebot zur Kronzeugenregelung nicht einhalten können.

Mit der Darstellung, die Telekom hätte mit dem "Knebelungsvertrag" verhindern wollen, dass die Wahrheit ans Licht komme, wie Schieszlers Anwalt im Kurier sagte, geht dies nicht wirklich gut zusammen. Allein aus aktienrechtlichen Gründen sei ein Vergleich kaum möglich, weil einem allfälligen Verzicht auf Schadenersatzansprüche nicht nur Vorstand und Aufsichtsrat zustimmen müssen, sondern auch die Hauptversammlung. Daher könne ein allfälliger "Pakt" auch nicht vor strafrechtlicher Verfolgung schützen, betonte man bei der TA.

Der Rest ist bekannt: Nach der Aufsichtsratssitzung am 16. Juli hat die TA Schadenersatzklagen gegen Schieszler und andere "Täter" in Höhe von 18 Millionen Euro angekündigt. Davon neun Mio. betreffen den Schaden durch Kursmanipulation für Aktienoptionen und Managerboni, weitere neun Mio. Euro betreffend Honorare für das Agenturnetzwerk Hochegger/Valora, dem keine dokumentierten Gegenleistungen gegenüberstehen.

Dass die vom nunmehrigen TA-Chef Hannes Ametsreiter durchgesetzte Verabschiedung Schieszlers nicht ganz freiwillig war, zeigt Schieszlers Verzicht auf drei Viertel seiner Ansprüche. Andererseits gab ihm die TA eine Generalklausel, sie begnügte sich also mit dem einbehaltenen Betrag. Anlass für den Abgang waren, wie berichtet, "ausständige Zahlungen" im Volumen von 1,1 Mio. Euro an Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly im Zusammenhang mit dem Zuschlag für den Blaulichtfunk Tetron. Dieser Zahlung, die als Beratungsauftrag für Akquisitionen in Osteuropa im Festnetz getarnt war, hätte zuvor Festnetz-Vorstand Rudolf Fischer zugestimmt, der behauptete, TA-Chef Boris Nemsic hätte zugestimmt. (Renate Graber, Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.7.2011)