Die Pensionsreform wird in der Öffentlichkeit als Konflikt zwischen Regierung und Gewerkschaften wahrgenommen, gelegentlich auch als Tauziehen zwischen ASVG- Versicherten und Beamten. Angesichts schlampiger Regierungsvorlagen und einer zumeist polemischen Debatte fällt es nur wenigen auf, dass hier vor allem eine Auseinandersetzung zwischen den Generationen tobt - und die Jungen dabei gegenüber den Älteren den Kürzeren ziehen.
Was immer das Parlament letztlich beschließt, ändert nichts an den demografischen Fakten: Eine steigende Lebenserwartung und eine geringere Geburtenrate müssen notgedrungen dazu führen, dass die heute 30-Jährigen einmal länger arbeiten und weniger staatliche Pension erhalten werden. Davor kann sie auch die angebotene Deckelung aller Pensionsverluste auf zehn Prozent nicht schützen: Wird die Reform heute allzu sehr abgefedert, dann kommt in einigen Jahren der nächste Einschnitt. Die Horrorvisionen von 30 oder 40 Prozent Pensionsverlust werden nicht im Bundeskanzleramt ausgeheckt, sondern sind durch die Demografie bedingt.
Deckelungen und neue Hack^lerregelungen nützen jenen, die im nächsten Jahrzehnt in Pension gehen, also den über 50-Jährigen. Schön, aber wer trägt die Kosten? Einerseits die Steuerzahler, da der staatliche Zuschuss zum Pensionssystem nicht sinken kann - und das sind Junge und Ältere. Wird das Pensionsproblem andererseits über höhere Budgetdefizite gelöst, dann sind es nur die Jungen. Denn mehr Staatsschulden bedeuten, dass zukünftige Generationen mehr Zinsen zahlen müssen und weniger Spielraum für Neuverschuldung haben. Eine heute versprochene Deckelung bedeutet aber auch, dass bei der nächsten Reform noch härter geschnitten werden muss - die zukünftige Kluft zwischen Alt- und Neupensionisten wird dadurch noch größer.
Die Älteren führen die Verteilungsschlacht um den Pensionstopf weit geschickter als die Jungen. Sie sind eine effektive Lobby und kennen genau ihre Interessen. Ihr größtes Ass ist die Tatsache, dass im Namen des Vertrauensgrundsatzes bestehende Pensionen aus dem Verteilungskampf fast komplett ausgeklammert werden. Und viele Junge gehen auf die Straße, um ein gegen sie gerichtetes System zu verteidigen, statt für eine rasche und drastische Reform zu kämpfen - wie seltsam.
Wie sehr die Älteren die Debatte beherrschen, zeigt sich im aktuellen Vorschlag, man könne statt einer "überfalls-
artigen" Reform die Pensionsbeiträge der Aktiven befristet erhöhen. Ein irrwitziger Plan: Die Jüngeren, die jetzt daran^gehen müssten, durch private Vorsorge ihre Pensionslücke zu füllen, sollen stattdessen gezwungen werden, den heute 50- und 60-Jährigen einen früheren Ruhestand mit höheren Pensionen zu ermöglichen.
Jüngere haben selbst nichts davon, denn es liegt im Wesen des Umlageverfahrens, dass Beiträge nicht angelegt, sondern sogleich ausgegeben werden. Wer 2040 eine angemessene ASVG-Pension will, muss dann auf die Großzügigkeit seiner Kinder hoffen. Doch warum sollen diese höhere Beiträge zahlen, bloß weil sich ihre Eltern nicht rechtzeitig für die Sanierung des Systems eingesetzt haben?
Das Umlageverfahren beruht auf dem Generationenvertrag: Aktive zahlen die heutigen Pensionen und erwerben sich dadurch Ansprüche, die spätere Generationen erfüllen müssen. Pensionen sind keine Sozialleistungen, sondern ungedeckte Versicherungsleistungen. Doch die Demografie untergräbt den Vertrag und damit das Verfahren. Das oft kritisierte Kapitaldeckungsverfahren gibt zwar noch wenig Sicherheit, aber dafür mehr Ehrlichkeit: Jeder trägt selbst die Verantwortung für die eigene Pension.