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Die Geschäftsleiter einer Bank werfen einem Kreditausfall noch gutes Geld nach und halten den ganzen Vorgang aus den Büchern heraus. Die ab 1986 gesetzlich vorgeschriebene "interne Revision" wird in diesem Kreditinstitut erst mit Verzögerung - und jedenfalls zu spät - wirksam. In der Sachverhaltsdarstellung wird von einer "kriminellen Verhaltensweise" gesprochen. Sie führt letztlich zur Insolvenz der Bank.

Da für die Einleger bei der Bank nichts (mehr) zu holen war, klagten sie den Bund wegen unzureichender Bankenaufsicht nach Amtshaftungsrecht. Angelpunkt waren die Bestätigungsvermerke des von der Bank im betreffenden Zeitraum bestellten Bankprüfers. Laut Sachverhalt waren zwar die "Malversationen" nicht zu erkennen, die unzureichende interne Revision hätte jedoch gerügt werden müssen.

Überraschende Bestätigung

Überraschend hat der Oberste Gerichtshof (1 Ob 188/ 02g vom 25. 3. 2003) nunmehr die Haftung des Bundes gegenüber den Sparern, die durch die Pleite der Grazer Bank für Handel und Industrie (BHI) 1995 geschädigt wurden, bestätigt. Diese Entscheidung wirft über den Fall hinaus grundsätzliche Fragen nach dem Verhältnis von Staat und Gesellschaft auf.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Kontrolle ist in unserem Gemeinwesen in zwei typologischen Hauptformen verwirklicht: Auf der einen Seite schreiben allgemeine Verhaltensvorschriften vor, dass ein Privater eine Überprüfung durch einen anderen Privaten einholen muss: Die Wärmebedarfsrechnung des Baumeisters, den Rauchfangkehrerbefund, die ärztliche Bestätigung, die Eigenkontrolle bei gewerblichen Betriebsanlagen, den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, die Zertifizierung durch einen Akkreditierten. Derartige "Vernetzungen" innerhalb der Sphäre der Zivilgesellschaft bewirken Kontrolle und helfen doch zu vermeiden, dass wir zu einem Polizeistaat werden.

Varianten der Kontrolle

Auf der anderen Seite gibt es unzählige Varianten einer Kontrolle durch staatliche Organe. Allein im Bankrecht findet man - neben dem Finanzministerium und der Finanzmarktaufsicht (FMA) selbst - Regierungskommissäre, Staatskommissäre, Treuhänder und Prüforgane der FMA und der Oesterreichischen Nationalbank. Derartige Organe wirken als "verlängerte Arme" des Staates, sie üben hoheitliche Verwaltung aus. An der Amtshaftung für zugefügte Schäden ist daher nicht zu zweifeln.

Der Unterschied sollte allerdings nicht übersehen werden: Nicht jede "Kontrolle" ist ein Fall für die Amtshaftung, nicht jeder, der Kontrolle ausübt, ist ein Organ eines Rechtsträgers. Das gilt auch für den Bankprüfer. Er wird von der Bank selbst bestellt, seine Rechtsstellung ist der des Abschlussprüfers nachgebildet. Wohl kann auch die Bankaufsichtsbehörde an das Gericht Widerspruch gegen den bestellten Prüfer erheben und hat der Prüfer der Behörde nicht behobene Mängel zu berichten. Derartiges findet sich auch bei anderen Privaten und macht sie weder organisatorisch noch funktionell zu Organen von Rechtsträgern.

Kritikwürdige Entscheidung

Der OGH weist auf die staatlichen Prüforgane und die von den Banken bestellten Bankprüfer hin und nennt beide "Bankprüfer". Dem Fachschrifttum hält der OGH entgegen, es verkenne seine Judikatur zu den Realakten, und weist in einem Atemzug auf Gasversorgungsunternehmen und auf Kesselprüfstellen hin. Hier tun sich, mit Verlaub, verwaltungsrechtliche Abgründe auf. Einem Höchstgericht müssten in beiden Fällen die Unterschiede auffallen.

Zu kritisieren ist die Entscheidung nicht zuletzt im Hinblick auf ihre Konsequenzen: Werden nicht alle Bemühungen, dem Aufblähen der staatlichen Verwaltung durch Suche nach nicht staatlichen funktionalen Äquivalenten entgegenzuwirken, vernichtet, wenn die Judikatur essenzielle Unterschiede einebnet? Und vor allem: "Amtshaftung" heißt, dass der Steuerzahler zahlt. Wie soll das Gerechtigkeitskonzept aussehen, das zur Folge hat, dass für kriminelle Malversationen zwischen Privaten die Summe aller Steuerzahler zur Kasse gebeten wird?

P.S.: Der Gesetzgeber hat die Eigenhaftung der Bankprüfer zuletzt ausgebaut. Vielleicht eine goldene Brücke, die eine Rückkehr ermöglicht. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 27.5.2003)