Wien - Verhalten optimistisch bezüglich der weiteren Entwicklung der Konjunktur zeigte sich am Dienstag Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl vor Journalisten. "Erste Signale für Licht am Ende des Tunnels" hätten ihm Regierungskreise in Berlin heute in einem Telefonat angekündigt. Ein erstmals erstelltes "Wirtschaftsbarometer" der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) weist ebenfalls auf einen Stimmungsaufschwung bei den heimischen Unternehmern hin.

"Weggabelung"

"Wir stehen an einer Weggabelung zwischen Silberstreif und neuen Unsicherheiten", interpretierte Markus Beyrer von der Stabsabteilung Wirtschaftspolitik der WKÖ die Konjunkturerhebung, die künftig im halbjährlichen Rhythmus stattfinden soll. Das Wirtschaftsklima für die nächsten zwölf Monate werde von den Unternehmern deutlich verbessert (Saldo minus 1) eingeschätzt gegenüber minus 71 als Ergebnis der vergangenen zwölf Monate. Die Stimmungsverbesserung resultiert aus der Beendigung des Irak-Kriegs und einer günstigen Ölpreisentwicklung. Für den Jahresdurchschnitt 2003 rechnen die Ökonomen der WKÖ mit einem Rohölpreis von 25 Dollar je Fass oder weniger. Zum Vergleich: Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hatte in seiner März-Prognose Rohöl im Jahresdurchschnitt 2003 mit 29 Dollar je Fass eingepreist, das IHS mit 28 Dollar.

Eurokurs verunsichert

Als neue Verunsicherung ist allerdings der gestiegene Eurokurs gekommen. Wenn dieser länger auf höherem Niveau bleibe, was angesichts der aktuellen Zinsdifferenz zwischen Europa und den USA (1,25 Prozentpunkte) zu erwarten sei, könnten in Euro kalkulierte Exporte in Konkurrenz zu Dollar-basierten Offerten beeinträchtigt werden, auch wenn mehr als 80 Prozent der Ausfuhren in Euro fakturiert werden. Auch Beyrer wies auf positive fundamentale Signale aus Deutschland hin, beispielsweise einen starken Anstieg der Bruttowertschöpfung oder des Privatkonsums (um 0,6 Prozent) im ersten Quartal oder den über Erwartungen ausgefallenen Ifo-Konjunkturindex für Mai.

Ein Prozent Wachstum 2003

Abgesehen vom Wirtschaftsbarometer Austria, das auf einer elektronischen Sample-Umfrage im Zeitraum 9. bis 30. April (Rücklaufquote 11,1 Prozent, d.s. 575 Fragebögen) beruht, werden von den WKÖ-Ökonomen auch andere Frühindikatoren der Weltwirtschaft ausgeglichen bzw. vorsichtig positiv interpretiert, was darauf hindeute, dass der kurze Irak-Krieg für die Wirtschaft kaum negative Folgen gehabt habe. Insgesamt sei das Bild noch sehr uneinheitlich, doch zeige sich, dass Österreich nach wie vor überdurchschnittlich von der ungebrochenen Dynamik der mittel-/osteuropäischen Länder (MOEL) profitiere. Für 2003 erwartet die WKÖ ein Wirtschaftswachstum von rund 1 Prozent für Österreich, knapp über dem Durchschnitt der Euro-Zone und liegt damit etwas unter der März-Prognose des Wifo (1,1 Prozent), aber deutlich unter der Prognose des Institutes für Höhere Studien (IHS) von 1,5 Prozent.

Für 2004 erwarten die WKÖ-Ökonomen eine Verdoppelung der realen Wachstumsquote auf um die 2 Prozent und liegen damit zwischen den März-Prognosen von Wifo (1,7) und IHS (2,5) Prozent, wobei von der WKÖ eine "baldigste Leitzinssenkung der EZB um 50 Basispunkte und eine "stimulierende nationale Fiskalpolitik" unterstellt wird. (APA)