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Dem Wiener Arzt Eduard Zirm gelang 1905 die erste erfolgreiche Hornhauttransplantation im menschlichen Auge.

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Berlin - Vielen Patienten mit getrübter Hornhaut des Auges hilft nur noch eine Hornhautspende. Ärzte könnten bis zu 72 Stunden nach dem Tod eines Organspenders die Hornhaut entnehmen. Doch eine Regelung der Europäischen Union verschärft die Knappheit von Transplantaten: Demnach muss das Blut des Spenders binnen 24 Stunden nach dem Tod entnommen werden, um es auf Krankheiten zu untersuchen. Erfolgt die Blutentnahme später, dürfen Ärzte das Körpergewebe nicht mehr verwenden.

Diese Vorgabe erhöht die Sicherheit der Hornhautempfänger kaum, bedingt aber, dass Deutschland weiterhin Hornhauttransplantate vor allem aus den USA einführen muss. Daher fordert die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG), Hornhautgewebe von der Regelung auszunehmen. Das Thema ist ein Schwerpunkt des DOG-Kongresses in Berlin.

Zwei Hepatitis-Fälle

Die Hornhaut bildet den vordersten Teil des Auges. Sie liefert dem Sehorgan auch den Großteil seiner Brechkraft. Ist diese Schicht durch Erkrankungen oder Verletzungen stark getrübt, hilft den Patienten das Gewebe eines Spenders sehr zuverlässig. Bislang haben Ärzte weltweit rund vier Millionen solcher Hornhauttransplantationen durchgeführt. Über Jahrzehnte wurden Transplantate bis zu 72 Stunden nach dem Tod eines Spenders entnommen. Dabei erfolgte auch eine Analyse des Spenderblutes auf Infektionen wie HIV oder Hepatitis B. Für die Lagerung der Gewebe sind spezielle Hornhautbanken zuständig.

Weltweit sind nur zwei fragliche Hepatitis-B-Virus-Übertragungen bei Hornhauttransplantationen bekannt. Diese stammen jedoch aus einer Zeit, als Spenderblut noch nicht auf Krankheiten getestet wurde. Seit dem Einsatz solcher Blutanalysen wurde bei einer Hornhauttransplantation noch nie eine Übertragung von Hepatitis B oder HIV bekannt. Dennoch hat die EU eine Regelung erlassen, nach der bei allen Gewebespendern das für die Analyse verwendete Blut binnen 24 Stunden nach dem Tod entnommen werden muss. Die Entnahme der Hornhaut selbst darf weiterhin bis zu 72 Stunden nach Ableben des Spenders erfolgen.

Kurzes Zeitfenster

„Wir können hervorragende Hornhauttransplantate nicht mehr nutzen, wenn das Spenderblut nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Tod abgenommen wurde", sagt Thomas Reinhard, Präsident der DOG und Ärztlicher Direktor der Universitäts-Augenklinik Freiburg. Dieses Zeitfenster sei jedoch für die vollständige Abklärung einer Hornhautspende einschließlich des Gesprächs mit den Angehörigen häufig zu kurz. In der Lions Hornhautbank Baden-Württemberg in Freiburg sank die Zahl der Hornhautspenden durch die EU-Vorgabe von 2008 bis 2009 um etwa ein Viertel. „In Deutschland gingen durch die Regelung allein in der ersten Hälfte 2010 etwa 1 600 Transplantate verloren. Ähnlich verläuft die Entwicklung in Dänemark und Schweden", ergänzt Reinhard. Wegen der Gewebeknappheit fordert die DOG eine Rücknahme der EU-Regelung für Hornhautspenden.

Diese Rücknahme würde die Sicherheit der Empfänger nicht gefährden. „Medizinische Daten zeigen, dass serologische Analysen auch dann sicher sind, wenn das Spenderblut erst nach deutlich mehr als 24 Stunden entnommen wird", so Reinhard. Die Folgen der EU-Regelung für Hornhauttransplantationen diskutieren Augenärzte im Rahmen des 109. DOG-Kongresses sowie auf der Kongress-Pressekonferenz. (red)