Andy Kraft hat mit den Sitting Bulls Klosterneuburg drei Staatsmeistertitel geholt und zweimal für Österreich bei Europameisterschaften gespielt.

Foto: Andreas Kraft

Mit den Movin Mavs aus Texas wartet nun eine größere Aufgabe.

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Gespielt wird in der Texas Hall vor knapp 5.000 Zuschauern, dazu gibt es am Campus noch eine gewaltige Kraftkammer mit einer Indoor-Laufbahn, vier Basketball-Trainingsplätze sowie allerlei behindertengerechte Geräte: Etwa einen Hand-Ergometer zum Aufwärmen.

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Wien - Wenn es etwas gibt, das Andreas Kraft gewaltig nervt, dann dies: Der ORF, beispielsweise, berichtet über "Behindertensport" mit einer glasklaren Betonung in der Wortkomposition auf Ersterem. "Es ist eine Stimmung wie auf einem Begräbnis. Das ist traurig. Und wir sind die Toten," sagt er.

Andreas Kraft spielt Rollstuhl-Basketball und das ziemlich lebendig. Er will über Siege und Meisterschaften sprechen, das schreckliche Etikett Behindertensport vergessen und eine Gruppe von Menschen weiter entmystifizieren. "Ich benutze nie das Wort Behinderung. Und ich möchte, dass Sie das auch nicht tun", hat einst Sir Philip Craven, der Präsident des Internationalen Paralympischen Committee gesagt. Andreas Kraft ist womöglich eine paralympischer Vorzeige-Athlet, er macht sich keine Gedanken darüber, was er nicht kann. Und hetzt sich in seinem Rollstuhl durch einen Parcours mit Hütchen, fährt Liniensprints und wirft mit Medizinbällen. Jede einzelne Muskelpartie des Oberkörpers wird trainiert, der 18-Jährige ist schnell und wendig, nur an der Masse fehlt es noch. 

"Habe mich nie behindert gefühlt"

Die "Movin‘ Mavs" an der Universität von Texas-Arlington sind das Team von Kraft, er ist im Mekka des Basketballsports angekommen. Ausgestattet mit einem vollen Stipendium für 30.000 Dollar pro Jahr, trainiert er täglich zweimal - Wohnung, Essensgeld und der ur-amerikanische Riesenbrocken Studiengebühren inklusive. "Das Niveau ist sehr stark, es gibt zwar nur acht große College-Teams (u.a. Wisconsins, Alabama, Illinois, Texas etc.), aber dorthin gehen alle guten Rollstuhlbasketballer. Die Dichte ist enorm und die meisten Absolventen gehen nach ihrer Uni-Karriere in die Profiligen nach Europa", sagt der Finanzwirtschafts-Student.

In Spanien, Türkei oder Italien lässt sich gutes Geld verdienen, große Dachvereine wie Galatasary Istanbul pushen ihre Rollstuhl-Basketball-Sektionen und feiern Europacup-Triumphe. Für den Wiener Kraft ist ein Legionärs-Leben fast vorherbestimmt, Klubs aus Jena oder Padua hatten bereits Interesse an ihm, vor seiner College-Karriere. Und er will damit auch kein Schicksal überwinden, weil "ich kein Schockerlebnis hatte. Mein linkes Bein fehlt seit meiner Geburt, ich habe mich aber nie behindert gefühlt." Mit Menschen, die nach Unfällen in ihre Lebensmitte zurückfinden müssten, sei das nicht vergleichbar. Kraft hat Dysmelie an beiden Beinen, eine angeborene Fehlbildung der Gliedmaßen. Sein rechter Oberschenkel ist verkürzt, er kann mit einer Prothese gehen, das Hauptverkehrsmittel ist aber der Rollstuhl. Kraft bewegt sich asymmetrisch, die Prothese schadet grundsätzlich der Hüfte, die nicht kaputt gehen soll. Früher sei er in der Schule viel zu Fuß gegangen, auch in der Küche richte er sich oft auf. 

Peinlicher Rollstuhl

Basketball spielt Andreas Kraft seit er 14 Jahre alt ist, mit den Conveen Sitting Bulls aus Klosterneuburg räumte er mehrere Staatsmeistertitel ab. Davor ist er vier Jahre lang geschwommen - und zwar so gut, dass er vom Schwimmverband für das Förderprojekt "Stars4Stars" (das von den Fußball-Profis Christian Fuchs und Robert Almer betrieben wird) ausgewählt wurde. "Eine tolle Sache. Ich habe weiterhin einen sehr guten Kontakt zum Fuxl und zum Robert, das Geld brauche ich jetzt aber nicht mehr", sagt Kraft. Ein Ziel? "Ich will als Rollstuhl-Basketballer noch fremde Länder kennenlernen und andere Sprachen lernen." Einen Gedanken an völlige Gesundheit hat er nie verschwendet. "Das wäre wohl nur passiert, wenn es mir psychisch schlecht gegangen wäre. Mir ging es aber immer gut."

Viele Krafts gibt es in Österreich nicht, dabei wäre Potenzial da, vor allem auch Menschen die nicht schwer behindert sind. Den Unterschied zu anderen Ländern sieht Kraft in der Mentalität: "Den Leuten ist es hierzulande peinlich, im Rollstuhl zu sitzen. Das ist erst eine Option, wenn man sich gar nicht mehr rühren kann." (Florian Vetter, derStandard.at, 5.9.2011)