Student Kevin Walkner (21) spendet einen Teil seines Budgets.

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Er habe sich im letzten Brief rührend für das Verpackungsmaterial bedankt, der Fußball sei aber auch ganz in Ordnung gewesen - sein afrikanisches Patenkind lehrt ihn, in anderen Wertekategorien zu denken, sagt Kevin Walkner. Seit er 16 Jahre alt ist, unterstützt Walkner mit seinem Taschengeld die Kindernothilfe. Heute, fünf Jahre später, überweist er auch monatlich kleine Beiträge an Greenpeace, WWF, Global 2000, Amnesty International, die Gemeinwohl-Ökonomie und Attac - aber nicht gern.

Aktives Mitglied sei er "nur" in zwei Organisationen. "Die anderen Vereine unterstütze ich, weil es notwendig ist, aber langfristig gedacht bieten Attac und die Gemeinwohl-Ökonomie die effizientesten Möglichkeiten", sagt er. Die beiden Organisationen würden "an der Wurzel greifen", während die meisten Hilfsprojekte Symptombekämpfer seien.

Das Projekt Gemeinwohl-Ökonomie wurde von Attac-Österreich-Gründer Christian Felber ins Leben gerufen und stellt, einfach gesprochen, ein Konzept für ein alternatives Wirtschaftssystem dar. "Es zeigt, wie das Wirtschaften idealerweise aussehen sollte", sagt Walkner. In seiner Heimatstadt Salzburg ist er ein Mitbegründer des dortigen "Energiefelds Gemeinwohl-Ökonomie". Der esoterisch anmutende Name ist aber irreführend: Denn das "Herrliche" ist für den Philosophie- und Mathematikstudenten, dass das Modell rational und plausibel durchargumentiert und der Naturwissenschaft zugänglich sei.

Die Idee: Mit Anreizstrukturen in Form von Besteuerungen die Menschen dazu veranlassen, dass sie gerecht, umweltfreundlich und sozial agieren. "Das halte ich für so attraktiv, weil der Versuch aufgegeben wird, mit blindem Aktionismus die Welt zu verbessern." Die aufklärerische Maxime, dass der Mensch nicht anders könne, als richtig zu handeln, sei dadurch überwunden. "Alle würden ohne nachzudenken zum fairen und nachhaltigen Produkt greifen, weil es auch ökonomisch am attraktivsten wäre."

Neben seinem Einsatz für die Gemeinwohl-Ökonomie besucht Walkner alle zwei Wochen die Attac-Treffen in Salzburg. Dort befasse man sich mit sofort greifbaren Problemen wie Finanztransaktions- und Vermögenssteuer, bedingungslosem Grundeinkommen und geschlechtergerechter Entlohnung. "Ich habe das Gefühl, dass ich von denen mehr profitiere als sie von mir. Ich lerne dort, die Wirtschaft zu verstehen."

Kevin Walkner hat zerzaustes lockiges Haar und trägt "fair gehandelte" Kleidung. Seit über einem Jahr ist er Vegetarier, obwohl er liebend gern Fleisch esse. Seine Spenden, sein Patenkind, sein Engagement, der Verzicht - all das tue er nicht aus Gutmenschentum oder Selbstlosigkeit: "Ich habe mich dazu entschlossen, mein Leben einer rationalen Ethik zu unterstellen und versuche, konsequent zu sein."

Er setze sich nicht gerne mit hungernden Kindern in Afrika, mit leidenden Menschen, mit unserer Wirtschaft auseinander, aber er tue es, weil er sich einer gewissen Verhaltensweise verpflichtet hat und das tun müsse, auch wenn es ihm manchmal nicht passe. Seine Motivation schöpfe er aus dem Hass auf diejenigen, die sich "einen Dreck" um andere scheren. "Ich bin leidenschaftlicher Misanthrop." (Katharina Mittelstaedt, STANDARD-Printausgabe, 31.8.2011)