Paris - Die Steuer- und Spendenaffäre um die L'Oréal-Erbin und Ministerwitwe, Liliane Bettencourt, und französische Spitzenpolitiker hat nun die Staatsspitze erreicht. In einem an diesem Donnerstag erscheinenden Buch über den Fall berichtet eine Richterin über schwere Vorwürfe gegen Staatspräsident Nicolas Sarkozy und über eingeschüchterte Zeugen.
Eine Pflegerin der 89-jährigen Bettencourts habe erzählt, die Übergabe von Bargeld an Sarkozy beobachtet zu haben, wird die Juristin Isabelle Prévost-Desprez nach Angaben der Zeitung "Libération" (Mittwoch) zitiert. Die Zeugin habe die Aussage jedoch nicht zu Protokoll geben wollen. Der Präsidentenpalast wies die Vorwürfe umgehend als falsch zurück.
In der "Bettencourt-Affäre" gibt es bereits seit Sommer vergangenen Jahres Gerüchte über illegale Parteienfinanzierung. Im Mittelpunkt der Anschuldigungen stand bisher der frühere Arbeitsminister und Schatzmeister der Regierungpartei UMP, Eric Woerth, dem vorgeworfen wurde, zur Finanzierung des Präsidentschaftswahlkampfs von Sarkozy illegale Geldgeschenke der Familie Bettencourt in Empfang genommen zu haben.
Auch Sarkozy selbst wurde bereits damals von einer Angestellten der Bettencourts bezichtigt, einen Umschlag erhalten zu haben. Beweise gibt es bisher nicht. Die Betroffenen - auch Multimilliardärin Bettencourt selbst - weisen die Aussagen zurück.
Die Ermittlungen in der Affäre werden derzeit von der Justiz in Bordeaux geführt. Der Richterin Isabelle Prévost-Desprez war der Fall im Herbst 2010 abgenommen worden. Die Juristin vermutet, dass dies eine politische Entscheidung war. "Dieser Prozess stellte für den Elysée eine große Gefahr dar", wird sie laut "Libération" in dem Buch "Sarko m'a tuer" (deutsch: "Sarko hat mich töten" - ein für Franzosen verständliches abgewandeltes Zitat aus einem früheren Mordfall) zitiert. Es sei unabdingbar gewesen, ihr den Fall wegzunehmen.
Neben Vorwürfen der illegalen Parteienfinanzierung spielen auch Steuerdelikte in dem Fall eine Rolle. Bettencourt räumte im Zuge der Ermittlungen ein, mehrere Schwarzgeldkonten zu haben. Die reichste Frau Frankreichs versprach umgehend, die Situation zu regeln. (APA)