Die Wirtschaftskammer steht bei der Reform der Lehrlingsfinanzierung auf der Bremse. Anfang des Jahres wurde die qualitätsorientierte Förderung drastisch gekürzt. Eine Neuverteilung der vorhandenen Mittel lehnen die Arbeitgeber ab. Nun will Wirtschaftsminister und Ex-Kammerfunktionär Reinhold Mitterlehner (ÖVP) selbst Reformvorschläge vorlegen. Es gibt auch Gerüchte, wonach die Abwicklung der Förderungen durch eine WKO-Firma nicht effizient sei.

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Wien - Es geht um einen schönen Batzen Geld: Rund 175 Millionen Euro wurden 2010 für die Lehrlingsförderung ausgegeben. Wegen der Budgetknappheit musste aber auch hier gespart werden. Eine der größte Förderarten, die Qualitätsprämie zur Mitte der Lehrzeit, wurde Anfang des Jahres gestrichen. Für Lehrlinge, die diesen Praxistest bestanden, wurden im Vorjahr immerhin 81 Mio. Euro ausbezahlt.

Der Großteil der Mittel wird nun also unabhängig von Qualitätskriterien ausbezahlt. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP) beauftragte daher die Sozialpartner, Reformvorschläge auszuarbeiten, damit sich ein Teil der Förderungen auch künftig an Qualitätskriterien orientiert. Das Klima zwischen Wirtschaftskammer (WKO) und Gewerkschaft ist in dieser Frage aber alles andere als gut. Die WKO hält nichts von einer Umverteilung der vorhandenen Mittel. Wenn man eine Qualitätsförderung wolle, müsse man die anders finanzieren, heißt es. Man setze lieber auf Beratung, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

Die Arbeitgeber wollen daher einfach das aktuelle System weiterlaufen lassen. Angesichts geburtenschwacher Jahrgänge und einer damit sinkenden Zahl an Lehrlingen werde sich ab 2013 ohnehin ein kleiner budgetärer Spielraum ergeben.

Vorschläge bis Jahresende

Da die Wirtschaft also auf der Bremse steht, will Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP) nun in Absprache mit seinem roten Regierungspendant, Sozialminister Rudolf Hundstorfer, einen eigenen Vorschlag erarbeiten. Das ist insofern interessant, als Mitterlehner vor seinem Ministerjob stellvertretender Generalsekretär der Wirtschaftskammer war. Auf Details will man sich im Ministerium noch nicht einlassen. Ein Konzept werde aber noch im Laufe des Jahres erarbeitet.

Im Hintergrund dürfte dabei noch eine andere Baustelle eine Rolle spielen. Die Lehrlingsförderungen werden administrativ über die WKO Inhouse GmbH, einem Tochterunternehmen aller Wirtschaftskammern, abgewickelt. Sie wird für ihre Dienstleistungen von der öffentlichen Hand bezahlt.

Dem Vernehmen nach zeigte eine Prüfung der Gesellschaft erhebliche Mängel auf. Es soll nicht immer klar sein, wofür die Gelder verwendet werden. Eine Bestätigung dafür gibt es freilich nicht. Weder das Wirtschafts- noch das Sozialministerium wollten sich am Mittwoch auf STANDARD-Anfrage dazu äußern. (Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.9.2011)