Die Deutsche Telekom gibt den geplanten Verkauf ihrer schwächelnden Tochter T-Mobile USA an den amerikanischen Konkurrenten AT&T nicht auf. Die Regierung von US-Präsident Barack Obama hatte die 39 Milliarden Dollar (27,3 Mrd. Euro) schwere Fusion zuvor mit ihrem Einspruch ins Wanken gebracht. Die Telekom und die Bundesregierung - mit 32 Prozent größter Aktionäre des Bonner Konzerns - hoffen nun auf eine Verhandlungslösung. "Das ist kein Aus. Die Fusion könnte mit Auflagen genehmigt werden", sagte ein Telekom-Sprecher am Donnerstag. Daran arbeite der Konzern zusammen mit AT&T mit aller Kraft. Alternativen für das vor zehn Jahren für 40 Milliarden Euro übernommene US-Geschäft gebe es nicht. "Es gibt keinen Plan B", betonte er.

"Der Verkaufsprozess steht am Beginn"

Auch der Bund hält den Deal offensichtlich noch nicht für geplatzt. "Der Verkaufsprozess steht am Beginn, nicht am Ende", erfuhr Reuters aus Regierungskreisen. "Am Rande gibt es Gespräche zwischen dem US-Justizministerium und den Firmen, die zu Modifikationen in der Transaktion führen könnten." An der Börse machte sich wieder etwas Hoffnung breit. Die T-Aktie war mit einem Plus von zwei Prozent einer der wenigen Gewinner im Dax, allerdings hatte sie am Vortag fast acht Prozent verloren.

Klage

Das US-Justizministerium hatte am Mittwoch Klage gegen die Fusion der Nummer zwei und vier auf dem Mobilfunkmarkt eingereicht. Die Transaktion berge die Gefahr, dass mehrere zehn Millionen Bürger im ganzen Land weniger Auswahl hätten und höhere Mobilfunk-Preise zahlen müssten, sagte US-Vize-Justizminister James Cole. Beide Konzerne zusammen buhlten auf mindestens 97 der 100 wichtigsten US-Mobilfunkmärkte um Kunden - nach dem geplanten Zusammengehen wäre es mit der Konkurrenz vorbei. "Derzeit gibt es vier bundesweite Mobilfunkfirmen mit zusammen 90 Prozent Marktanteil - den Wettbewerb zu erhalten ist elementar", sagte Cole.

Sorgenkind T-Mobile

Die Fusion von T-Mobile USA mit AT&T sollte eigentlich das Meisterstück von Telekom-Chef Rene Obermann werden, mit dem er ein langjähriges Sorgenkind loswerden wollte. Vom damaligen Telekom-Chef Ron Sommer noch als Wachstumslokomotive gepriesen, schlitterte die Tochter vor einigen Jahren in die Krise. Die Sparte, die ein Viertel des Konzernumsatzes erzielt, trat auf der Stelle, während große Konkurrenten wie AT&T mit exklusiven Telefonen und kleinere Anbieter mit Discountpreisen neue Kunden gewannen. Dementsprechend groß war nun das Entsetzen über den heftigen Gegenwind aus Washington. Ein Vorwarnung gab es offensichtlich nicht. Weniger als 24 Stunden vorher waren Vertreter der beiden Konzerne noch beim Justizministerium, um Details der Übernahme zu erörtern.

Schwerer Schlag

Die Klage ist für die Telekom ein schwerer Schlag, da das Ministerium zusammen mit der Regulierungsbehörde FCC grünes Licht für den Deal geben muss. Die FCC erklärte, noch keine Entscheidung getroffen zu haben. Allerdings habe die FCC noch nie eine bedeutende Fusion genehmigt, die vom US-Justizministerium angefochten worden sei, erklärte die Behörde. Das endgültige Urteil soll nach früheren Angaben in der ersten Jahreshälfte 2012 fallen. Sollten die US-Behörden den Deal stoppen, gehen die Bonner nicht leer aus. AT&T muss die Telekom in diesem Fall mit sechs Milliarden Dollar entschädigen: drei Milliarden Dollar in bar, der Rest als Sachleistungen wie Funkfrequenzen.

Für Deal vor Gericht ziehen

Zunächst einmal wollen der in Dallas ansässige AT&T-Konzern und die Telekom selbst ihre Anwälte in Gang setzen. "Wir werden zusammen mit AT&T für die geplante Transaktion auch vor Gericht eintreten", erklärten die Telekom. US-Rechtsexperten bezweifeln allerdings, ob das eine gute Idee ist. Die Obama-Regierung wolle mit ihrer Klage gegen die Fusion der beiden US-Mobilfunkkonzerne ihre harte Haltung deutlich machen, sagte Jura-Professor Robert Lande von der Universität von Baltimore. "Das wird ihr Kartellrecht-Exempel." Mit dem Fall vertraute Insider sagten Reuters, die Klage der US-Regierung sei keine Taktik, um AT&T zu großen Zugeständnissen zu bewegen. Sie ziele darauf, den Zusammenschluss tatsächlich zu verhindern. Eine Person, die einem der beiden Unternehmen nahesteht, erklärte, AT&T und die Telekom könnten gezwungen sein, bis zu 25 Prozent der gemeinsamen Firma zu verkaufen, um die Fusion zu retten. Bislang sei der Anteil auf maximal zehn Prozent geschätzt worden.

Jahrelanges Verfahren möglich

Doch ein Gerichts-Showdown kann lange dauern und ist unberechenbar. Die Telekom und AT&T werden das Risiko ganz genau kalkulieren. "Es ist sicherlich nicht ungewöhnlich, dass Unternehmen sich den Fall nochmal anschauen und dann entscheiden, dass das Spiel den Einsatz nicht wert ist", sagte David Smutny, Kartellrechtsanwalt bei der Kanzlei Orrick, Herrington & Sutcliffe. "Es könnte eine Situation entstehen, bei der die Gerichtsauseinandersetzung und der Regulierungsprozess zusammen Monate oder Jahre dauern", sagte Maury Mechanick, Anwalt für Telekommunikation bei White & Case. (APA/Reuters)