In Verteilungsdiskussionen galt jahrzehntelang: Die Arbeitnehmer verlangen (und bekommen) Jahr für Jahr den Inflationsausgleich und einen auszuhandelnden Anteil am Wirtschaftswachstum, aber eben nicht mehr - den Rest an Gerechtigkeit überlassen die Sozialpartner dem Staat. Dem aber geht immer deutlicher das Geld aus, um scheinbar oder wirklich Bedürftige zu beteilen.
Vom Bundespräsidenten - der seine linke Haltung in diesem Punkt nicht verhehlen mag - abwärts werden daher immer deutlicher Pläne unterstützt, "die Reichen" zur Kasse zu bitten. Es gehe ja eh nur um die obersten 80. 000, wird versichert - obwohl alle, die auch nur wenig über dem Durchschnitt verdienen, aus böser Erfahrung besorgt sind, dass Steuermaßnahmen für die Reichen in Wirklichkeit dem Mittelstand Ungemach bringen. Dazu kommt: Die Einnahmen, die aus einer wie auch immer konstruierten Reichensteuer erwartet werden, sind schon doppelt und dreifach verplant. Experten raten, sie mit einer Senkung des Steuertarifs für arbeitsbezogene Steuern gegenzuverrechnen; Politiker im Argumentationsnotstand wollen eine Zweckbindung für Pflege- und andere Sozialmaßnahmen; und ganz pragmatisch weiß jeder, dass neue Steuereinnahmen strukturkonservierend wirken und daher allenfalls einer Stabilisierung des Budgetdefizits dienen können.
Umverteilung, die ihren Namen verdient, sieht anders aus: Sie setzt höhere Lohn- und Gehaltsabschlüsse voraus. (DER STANDARD, Printausgabe, 5.9.2011)