Die beschauliche Stadt Geras im Waldviertel ist vor allem für drei Dinge bekannt: die Berufsschule für Gastgewerbe und Floristen, den Naturpark und das Kloster. Seit dem 7. Mai 2011 ist die Stadt Geras auch die Hauptstadt der niederösterreichischen Feuerwehren - zumindest im historischen Sinn. Denn seit nunmehr vier Monaten findet in den Klosterräumen die Ausstellung "Vom Löscheimer zur Katastrophenhilfe" statt. Ein Streifzug durch die Geschichte der niederösterreichischen Feuerwehren.
Die ersten Exponate wurden von den Feuerwehrhistorikern des Bundeslandes in der Vorhalle aufgestellt, wie z.B. eine der letzten funktionstüchtigen Dampfspritzen in Österreich. Dieses Gerät wurde im Jahr 1910 von der Freiwilligen Feuerwehr Gainfarn in Betrieb genommen und konnte nur mit Pferden in Bewegung gesetzt werden. Auch heute noch fährt die Feuerwehr damit zu Umzügen und führt Übungen durch.
Heiliger Florian
An der passenden Uniform aus dem 20. Jahrhundert vorbei, führt dann eine Treppe in den ersten Stock - doch der Aufgang wurde von einem Plakat verhängt. "Wir haben uns dafür entschieden, die erklärenden Texte und die Worte zum Nachdenken wirklich mitten in den Weg zu hängen", erklärt Günter Annerl von den Feuerwehrhistorikern. "Damit die Leute die Aufschriften wenigstens überfliegen."
Der erste Raum der Ausstellung ist dem Heiligen Florian, dem Patron der Feuerwehr, gewidmet. Wobei lange nicht sicher gewesen war, wer die Feuerwehrleute beschützen soll. Zur Auswahl standen die Heilige Agathe, Barbara oder auch die Heiligen Veit und Laurentius. "Erst in der Barockzeit hat sich Florian durchgesetzt", erzählt Annerl. Dabei soll ausschlaggebend gewesen sein, dass ein Künstler auf seinem Bild im 15. Jahrhundert unter dem Wasserheiligen Florian einfach ein brennendes Haus platziert hatte. Zwischen den verschiedenen Darstellungen des Heiligen wurde bewusst auch eine verbrannte Statuette des Patrons platziert.
"Fahnenunwesen"
Ein paar Schritte weiter im nächsten Raum erinnern Zeitungsausschnitte und künstlerische Werke an die Großbrände im Wiener Odeon und im Ringtheater. An den Wänden umrahmen Feuerwehrfahnen die Exponate. "Es ist kurios, aber bis heute dürfen Feuerwehren ihre Fahnen nicht aus ihrem Budget begleichen", erklärt Annerl. Nur private Sponsoren dürften die Anschaffung finanzieren. Das Verbot wurde am Österreichischen Feuerwehrtag 1886 in Klagenfurt ausgesprochen und während der NS-Zeit und in den 1960er Jahren erneuert. Damit wollte man dem "Fahnenunwesen" gegensteuern, das nur unnötig viel Geld verbrauchen würde.
Als Grundlage für den modernen vorbeugenden Brandschutz gilt die Feuerlöschordnung von Kaiser Joseph II. aus dem Jahr 1788. Bereits damals wurde verfügt, dass jedes neu errichtete Haus einen Brunnen zur Wasserversorgung graben muss. Eine Kopie des Deckblattes findet sich ebenso unter den Exponaten wie Ausstellungsstücke zu den Turnervereinen, den Vorläufern der Feuerwehren. "Die Gründung dieser Turnerfeuerwehren wurde allerdings von der Politik gebremst", sagt Feuerwehrhistoriker Annerl. "Denn diese Vereine waren sehr deutschnational orientiert."
In der Helmsammlung können die BesucherInnen die Entwicklung des Designs und die verschiedenen Formen des Kopfschutzes begutachten. Unter anderem findet sich unter ihnen auch das erste Atemschutzgerät, die sogenannte Rauchhaube. Diese wurde über den Kopf gezogen und die Atemluft durch feuchte Tücher und Lappen "gefiltert". "Gebracht hat das natürlich wenig bis gar nichts", weiß Annerl.
"Wir sind keine Helden"
Auch der NS-Zeit ist in der Ausstellung eine eigene Abteilung gewidmet. Die "Feuerpolizei" und der "Luftschutz" waren damals für die Brandvorbeugung und -bekämpfung zuständig. Wobei vor allem die letztgenannte Vereinigung als Spitzelorganisation in den Luftschutzkellern fungierte: "Die Leute vom Luftschutz mussten darauf achten, dass alle Leute während des Alarms in die Keller gingen und Sandkübel auf den Dächern bereitstanden", sagt der Feuerwehrhistoriker. Damit konnte man die Streubomben gut löschen. Während dieser Zeit hätten sie natürlich auch ganz genau auf die Wortwahl der einzelnen Personen gegenüber dem Regime geachtet.
In der Ausstellung finden sich auch alle Fachgebiete des Niederösterreichischen Landesfeuerwehrverbands wieder. So reicht das Spektrum von den Tauchern über den Sprengdienst bis hin zur Feuerwehrjugend. In der Winterkapelle des Klosters wurde ein Ort zum Nachdenken eingerichtet: Auf zwei Monitoren läuft ein Film von jungen Medienmachern, die Feuerwehrleute und Opfer von großen Einsätzen oder Katastrophen interviewten. Etwa zum großen Hochwasser im Jahr 2002 oder dem Busunglück mit acht toten Jugendlichen im Jahr 2000. Letztgenanntes Ereignis war der Auslöser für die Einführung der Feuerwehrpeers, die KameradInnen bei psychischen Belastungen unterstützen. Zwischen den Bildschirmen hängt die Uniform eines Feuerwehrmannes, der in einen Feuerball gekommen ist und überlebt hat. Thema des Raums: "Wir sind keine Helden". (Bianca Blei, derStandard.at, 5.9.2011)