Einer der ersten Unterzeichner war Web-Pionier Sascha Lobo.

Foto: Screenshot

In einem offenen Brief richten sich VertreterInnen der digitalen Gesellschaft an Google und sprechen sich darin für eine Änderung der Namenspolitik bei Google+ aus. Unterstützt von knapp 30 Unterzeichnern, darunter Dorothee Bär (CSU), Konstantin von Notz (Grüne), Sascha Lobo, oder IT-Blogger Peter Glaser hat der Unternehmer Christoph Kappes das Schreiben organisiert. Der Brief wurde im Netz veröffentlicht und stößt bei vielen Nutzern auf große Zustimmung.

Common Name Policy

Generell spricht das soziale Netzwerk Google+ die Nutzer an, beginnt der Brief mit einem positiven Feedback. Kritisiert werden die Nutzungsbestimmungen, wonach Mitglieder ihren "vollen Namen, mit dem sie normalerweise von Freunden, Familie und Kollegen angesprochen werden" nutzen müssen. Gemäß der sogenannten Common Name Policy sind Namen, unter denen die Person allgemein bekannt ist, erlaubt. Ein Künstlername oder Pseudonym, der wenigen Personen bekannt ist, ist nicht erlaubt. Dazu zählen Pseudonyme, die die Identität des Nutzers nicht verraten.

Schwache Argumente

Zum Gesprächsniveau sowie zum guten Ton des "Sich-Vorstellens" trage diese Regelung wohl bei, räumen die Initiatoren der Aktion bei. Die Echtheit des Namens sei nichtsdestotrotz schwierig zu belegen. Auch die Verhinderung von Spam erscheint als wenig überzeugend, da Spammer ebenfalls mit glaubwürdigem Namen zur Tat schreiten würden. Alles in allem seien die "Argumente bei weitem zu schwach für eine derart schwerwiegende Begrenzung in der Nutzung".

"Technisch nicht möglich?"

Weiter heißt es im Schreiben: "Wir begrüßen es sehr, dass es schon lange für ein Google-Konto unter Ziff. 2 Ihrer Nutzungsbestimmungen heißt: 'Die Nutzung der Dienste ist auch unter einem Pseudonym möglich.' Wir würden uns daher auch wünschen, dass Sie dieselbe Regelung für Google Plus gelten lassen. Zudem ist auch die Rechtslage in Deutschland zu beachten. § 13 Absatz 6 TMG lautet: 'Der Dienstanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren.' Unsere Frage ist: Ist Ihnen die Bereitstellung mit pseudonymer Nutzung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar?"

Sich an Entscheidung halten

Der Internetkonzern wird aufgerufen, die Entscheidung des TMG zu respektieren: Nämlich, dass "die Nutzung eines solchen Dienstes grundsätzlich nicht an die Verwendung des echten Namens und auch nicht an einen Rufnamen gekoppelt sein soll, sondern pseudonym zu ermöglichen ist."

Standpunkt weitergeben

Adressiert wurde der Brief an Philip Schindler, Vice President von Google UK in Nord- und Zentral-Europa, der die Argumente der Unterzeichner an den Mutterkonzern weitergeben möge. "Pseudonymität" stelle zwar keine Alltagsrelevanz für alle Nutzer dar, biete aber Schutzfunktionen für Menschen, die nicht öffentlich sein wollen – aus beruflichen Gründen beispielsweise. "Wir glauben zudem, dass in der weiteren konzeptionellen Entwicklung des Netzes auch und gerade der Schutz von Minderheiten und politisch Andersdenkenden, die sich nicht so frei wie wir artikulieren können, als maßgeblich herausstellen wird", so ist im Brief weiter zu lesen. Wenn demokratische Gesellschaften den Schutz von Minderheiten als ihren Kern definiert haben, dann sollte das Internet nicht dahinter zurückfallen.

Vorteile für Bürger

Die Verfasser versuchen in ihrem Schreiben zu überzeugen, welche Vorteile für die Bürger durch einen frei wählbaren Nutzernamen entstehen. Missbrauch durch Mobbing sei auch durch andere Kommunikationsmittel wie E-Mail oder Telefon nicht verhindert werden. Daraus ergibt sich: "Insbesondere Soziale Netzwerke sollten hier nicht hinter herkömmliche Kommunikationsmittel zurückfallen, wenn es keine zwingenden Gründe gibt: Wo jeder selbst entscheidet, wen er liest, ist auch die Reichweite von Missbrauch beschränkt."

Hoffen auf Reaktion

Bereits seit über einem Monat beschäftigt die Debatte um die Nutzungsbestimmungen auf Google+ Nutzer und Öffentlichkeit – der WebStandard berichtete. Abzuwarten ist, ob die Hoffnung der "Pseudonymität"-Verfechter auf eine Reaktion des Unternehmens samt Nennung "rationaler Gründe" im Falle der Beibehaltung der bisherigen Vorgehensweise erfüllt wird. (ez)