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Thomas Hofer: "Die Wirtschaftsklage hat sich zudem extrem zugespitzt. Sollte sich das nicht ändern, könnten die Republikaner wahrscheinlich auch einen Blumentopf nominieren und trotzdem Chancen gegen Obama haben."

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Obama sieht sich starkem Gegenwind ausgesetzt.

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Im Jahr 2009 übergab George W. Bush die Macht an Wahlsieger Barack Obama.

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Vierzehn Monate vor der US-Präsidentschaftswahl sieht sich der einstige Hoffnungsträger Barack Obama heftigem Gegenwind ausgesetzt. Die Wirtschaft lahmt, die Finanzlage des Landes ist katastrophal, vergangene Erfolge wie die Tötung des Al Kaida-Chefs Osama Bin Ladens oder die relative Befriedung des Irak scheinen längst vergessen. derStandard.at hat den Wiener Politikberater Thomas Hofer, ein ausgewiesener Kenner der US-Politik, gefragt, ob der Stern des einst frenetisch gefeierten Demokraten im Sinken begriffen ist.

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derStandard.at: Ist Obama ein gescheiterter Präsident?

Thomas Hofer: Klar ist, dass er inhaltlich mit vielen seiner Vorhaben gescheitert ist. Er ist jedenfalls ein Präsident, der von externen Ereignissen getrieben wird. Er ist nicht der aktive und anpackende Präsident gewesen, der er wohl gerne wäre. Ob er wirklich gescheitert ist, wird sich erst bei der nächsten Wahl zeigen.

derStandard.at: Wer kann dem Demokraten eher zu Leibe rücken - ein moderater Republikaner wie Mitt Romney oder eine Tea Party-Kandidatin wie Michelle Bachmann?

Thomas Hofer: Obama muss hoffen, dass sich die Republikaner für eine Tea Party-Kandidatin wie Michelle Bachmann oder gar Sarah Palin entscheiden. Je extremer der Republikaner positioniert ist, desto besser kann sich Obama in der Mitte positionieren. Romney hätte sicher die größten Chancen gegen Obama zu gewinnen. Rick Perry ist aber wohl der derzeit für Obama gefährlichste Vertreter der wirklich Konservativen, weil er in Texas als Gouverneur ziemlich unumstritten war und zumindest bislang in der Öffentlichkeit weniger extrem aufgefallen ist als etwa Bachmann. Meine Einschätzung ist, dass es ein Mitte-Kandidat schaffen kann, der auch Wirtschaftskompetenz mitbringt und auf eine entsprechende Bilanz verweisen kann.

derStandard.at: Von 503 Versprechen hat Obama laut dem Onlinedienst PolitiFact bisher 145 eingelöst, bei 206 Projekten wird noch an der Umsetzung gearbeitet. Waren die Erwartungen zu groß?

Thomas Hofer: Ja sicher. Obama war sich selbst ja schon irgendwie unheimlich, etwa als er den Friedensnobelpreis nur sehr widerwillig entgegengenommen hat. Seine Berater haben recht schnell erkannt, dass ihrem Präsidenten geradezu messianische Attribute zugeschrieben wurden, die natürlich vollkommen übertrieben waren. Klar hat Obama selbst diese Heilsbotschaft abgesetzt, aber irgendwann hat sie sich verselbständigt. Es war klar, dass es Enttäuschungen geben würde, aber das Ausmaß der Enttäuschung sollte dem Obama-Lager nun zu denken geben. Die Wirtschaftslage hat sich zudem extrem zugespitzt. Sollte sich das nicht ändern, könnten die Republikaner wahrscheinlich auch einen Blumentopf nominieren und trotzdem Chancen gegen Obama haben. "Change", Obamas Wahlkampfslogan 2008, könnte ihm dann zum Verhängnis werden.

derStandard.at: Aber zumindest was die Kriegseinsätze des US-Militärs betrifft läuft es für Oberbefehlshaber Obama doch nicht so schlecht, etwa mit der Tötung Osama Bin Ladens oder dem Irak, wo erstmals seit Kriegsbeginn einen Monat lang kein US-Soldat getötet wurde. Profitiert er davon nicht?

Thomas Hofer: Es ist jedenfalls eine Flanke geschlossen worden, über die er im Wahlkampf 2008 von den Republikanern ständig angegriffen wurde. Die Stimmen, die an der Reife Obamas, eine Streitmacht wie die der USA zu führen, gezweifelt hatten, sind nun verstummt. Vor allem die Tötung Bin Ladens gehört zu den großen Erfolgen Obamas. Die Republikaner können ihn nun an dieser Front nicht mehr attackieren, was sie sicher vorhatten. Das Problem ist, dass sich derzeit alles auf die wirtschaftliche Lage fokussiert. Darum kann Obama daraus keinen Profit schlagen.

derStandard.at: Werden die Demokraten zehn Jahre nach 9/11 nicht versuchen, die gestiegene Sicherheitssituation der USA zum Thema zu machen?

Thomas Hofer: Das werden sie sicher probieren, nur ist die Sicherheitslage derzeit nicht das entscheidende Thema für Obama, sondern die Wirtschaft. So viele Themen verträgt ein Wahlkampf nicht, es gibt immer ein dominierendes Thema. Sollte sich die Wirtschaft nicht zumindest tendenziell erholen, kann Obama Kriege gewinnen so viele er will.

derStandard.at: Sollte es nach der Wahl 2012 zu Ende sein: was bleibt von Barack Obama in den Geschichtsbüchern stehen?

Thomas Hofer: So wenig optimistisch es klingt, aber wahrscheinlich vor allem seine Kür. Natürlich hat er einiges geschafft, etwa die Gesundheitsreform oder die Tötung Bin Ladens. Aber das wirklich Sensationelle war Obamas Wahlkampf, der wohl der beste aller Zeiten war, und dann eben seine Wahl zum ersten afroamerikanischen US-Präsidenten. Ansonsten gab es keinen so singulären Moment in der Amtszeit Obamas, der die historische Dimension seiner Wahl überstrahlen könnte. (flon/derStandard.at, 5.9.2011)