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Teamchef Dietmar Constantini (56) blickt einem Frühstück mit seinem Präsidenten entgegen, Kapitän Fuchs verspricht das "Aufreißen des Allerwertesten".
Wien - Man soll sich am Unglück der Anderen zwar nicht ergötzen, aber Teamchef Dietmar Constantini weist darauf hin, "dass auch die Konkurrenten schwächeln und nicht von Spiel zu Spiel besser werden". Deutschland nimmt er selbstverständlich aus. "Die sind immer Weltklasse. " Was die Türkei ist, wird sie im möglicherweise ausverkauften Happel-Stadion zeigen. Das mühsame 2:1 gegen Kasachstan hatte mit Können nur am Rande zu tun. Constantini: "Es war eine Würgerei, aber es war ein Sieg." Österreich konnte als Generalprobe mit einem 2:6 in Gelsenkirchen dienen, wurde von Deutschland erwürgt. Kapitän Christian Fuchs drückt es so aus: "Wie waren ein aufgescheuchter Hühnerhaufen."
Aufgescheuchte Hühner irren bekanntlich sinnlos durch die Gegend, insofern ist eine Statistik mindestens so interessant wie erklärbar. Das österreichische Team rannte am vergangenen Freitag um fünf Kilometer mehr als das deutsche. Aber wohin? Ins Nirvana? Ins schwarze Loch? Gegen die Türkei sollen die Positionen gehalten, die Wege untereinander besser abgestimmt werden. Es ist nur ein böses Gerücht, dass ein Schnellsiedekurs "Taktik im modernen Fußball" belegt wurde, und dass Sportdirektor Willi Ruttensteiner der Vortragende war.
Constantini wird nicht radikal umstellen. Der gesperrt gewesene Paul Scharner rückt in die Mannschaft, ein Tormanntausch ist wahrscheinlich. Der Austrianer Pascal Grünwald dürfte debütieren. Christian Gratzei patzte in Gelsenkirchen bei zumindest zweieinhalb Gegentreffern. Constantini: "Eine heikle Geschichte, Torhüter sind Einzelkämpfer. Ich lege darauf Wert, dass Gratzei am 2:6 nicht schuld war."
Kein Schicksal
Der Teamchef sagte am Montag sehr oft "im Grunde genommen". Beispiele: "Im Grunde genommen muss man siegen." "Im Grunde genommen ist der Trainer der Dodl." "Im Grunde genommen bin ich Schicksalsspiele gewohnt. Der Hickersberger hatte noch mehr Schicksalsspiele." "Im Grunde genommen ist das Wort Schicksal im Zusammenhang mit Fußball nicht zu verwenden." "Es ist im Grunde genommen ein Länderspiel, dass wir gewinnen wollen."
Im Grunde genommen könnte die Amtszeit von Constantini bereit am Mittwochvormittag offiziell vorbei sein. Nach einem Frühstück mit ÖFB-Präsidenten Leo Windtner. "Er entscheidet, dann werden wir schauen, wie es ausschaut. Wer nicht gewinnt, steht in der Kritik, ist weg, so lauft das Spiel, so ist das Geschäft."
Die Ausgangslage ist klar bis irrwitzig: Österreich müsste nach dem 0:2 in Istanbul mit drei Toren Differenz gewinnen, um die Chance auf Platz zwei und das Playoff zur EM zu wahren. Constantini: "Ein 3:0 wäre eine Riesenüberraschung. Ein 1:0 auch. Schon die Minichance ist als Geschenk zu betrachten. Es wäre nicht richtig, wenn wir überfallartig offensiv spielen und hinten offen sind. Dann wird das Spiel für uns schnell vorbei sein."
Guus Hiddink, der niederländische Teamchef der Türkei, hat selbstverständlich "großen Respekt" vor den Österreichern.
Constantini wirkte am Tag vor dem Spiel fast entkrampft. Weil es im Grunde genommen eh schon wurscht ist. Von den vergangenen acht Partien hat er sieben verloren. Der Vertrag endet am 31. Dezember. Im Falle einer Niederlage gegen die Türkei werde er natürlich nicht auf stur schalten, die Reisen Anfang Oktober nach Aserbaidschan und Kasachstan wohl auslassen. "Das liegt am Präsidenten, ob er den Vertrag vorzeitig auflöst."
Fuchs verspricht dem erfolgsentwöhnten Publikum, "dass wir alle an einem Strang ziehen und bis zum Umfallen rennen". Die Bilanz gegen die Türkei ist noch positiv: sieben Siege, sechs Niederlagen, null Unentschieden. Die vergangenen fünf Partien haben allerdings im Grunde genommen die Türken gewonnen. (DER STANDARD PRINTAUSGABE 6.9. 2011)
Technische Daten und mögliche Aufstellungen zu Österreich - Türkei am Dienstag:
EM-Qualifikation/Gruppe A: Österreich - Türkei (Wien, Ernst-Happel-Stadion, 20.30 Uhr/live ORF eins, SR Undiano Mallenco/ESP).
Österreich: P. Grünwald (Austria/0 Länderspiele) - Klein (Austria/10/0 Tore), Schiemer (Salzburg/20/4), Pogatetz (Hannover 96/45/2), Fuchs (FC Schalke 04/43/1) - Dag (Besiktas Istanbul/7/0), Scharner (West Bromwich Albion/35/0), Baumgartlinger (FSV Mainz 05/15/0), Alaba (Bayern München/12/0) - Harnik (VfB Stuttgart/26/6) - Arnautovic (Werder Bremen/12/5)
Ersatz: Gratzei (Sturm Graz/9), Payer (Rapid/20) - Dibon (Admira/1/1), Dragovic (FC Basel/12/0), Ortlechner (Austria/7/0), Schrammel (Rapid/1/0), Weber (Sturm Graz/1/0), Jantscher (9/1), Royer (Hannover/4/0), Junuzovic (Austria/14/0), Janko (Twente Enschede/21/7), Hoffer (Eintracht Frankfurt/26/4), Maierhofer (Salzburg/17/1)
Es fehlen: Kulovits (erkrankt), Kienast (verletzt)
Fraglich: Janko (Adduktorenprobleme)
Türkei: Volkan Demirel (Fenerbahce) - Sabri Sarioglu (Galatasaray), Egemen Korkmaz (Besiktas), Serdar Kesimal (Fernabahce), Hakan Balta (Galatasaray) - Mehmet Ekici (Werder Bremen), Selcuk Sahin (Fenerbahce), Mehmet Topal (Valencia), Arda Turan (Atletico Madrid) - Kazim Kazim (Galatasaray), Burak Yilmaz (Trabzonspor)
Ersatz: Sinan Bolat (Standard Lüttich), Tolga Zengin (Trabzonspor) - Gökhan Gönül (Fenerbahce), Gökhan Zan (Galatasaray), Ismail Köybasi (Besiktas), Caglar Birinci (Galatasaray), Tunay Torun (Hertha BSC), Gökhan Töre (Hamburger SV), Cenk Tosun (Gaziantepspor), Umut Bulut (Toulouse)
Es fehlen: Selcuk Inan (gesperrt), Emre Belözoglu, Hamit Altintop, Nuri Sahin (alle verletzt)