Die teilstaatliche börsenotierte Telekom Austria wirbt damit, dass sie die besten Verbindungen anbietet - wie gut diese in die Politik waren beschäftigt derzeit die Staatsanwaltschaft und die Revision des Konzerns. Im folgenden eine Zusammenfassung der bisher bekannten Fakten rund um den Korruptionsskandal beim ehemaligen Monopolisten. Mit weiteren Enthüllungen wird gerechnet. Die Telekom selbst hat einen 400-Seiten-Bericht an die Staatsanwaltschaft abgeliefert, der dem Vernehmen nach noch einiges an Sprengstoff enthalten soll.
Blaulicht-Funk
Unter dem damaligen Innenminister Ernst Strasser (V) aus der Regierung von Wolfgang Schüssel wird ein einheitliches Funksystem für Blaulichtorganisationen neu ausgeschrieben, da das ursprünglich zum Zug gekommene Konsortium nicht auftragsgemäß liefern habe können. Die Neuvergabe gewann eine Firmengruppe um die Telekom Austria (Alcatel und Motorola), für das Lobbying sorgte der bisher nur als Waffenlobbyist bekannte Alfons Mensdorff-Pouilly. Er erhielt dafür von der Telekom 1,1 Mio. Euro, welche konkrete Leistung er erbrachte, ist laut dem aktuellen Telekom-Management nicht nachvollziehbar. Überraschend ist auch, dass dem ursprünglich siegreichen Konsortium 30 Mio. Euro Schadenersatz auf Steuerzahlerkosten gezahlt wurde, obwohl selbst noch Strasser-Nachfolgerin Maria Fekter (V) in einer Anfrage betonte, dass das Erstangebot mangelhaft gewesen sei. Strasser und Mensdorff-Pouilly weisen den Vorwurf der Korruption zurück. Gegen Motorola ermittelt die US-Börsenaufsicht SEC wegen Zahlungen an Mensdorff-Pouilly.
Universaldienstverordnung
Unter dem ehemaligen Verkehrsminister Hubert Gorbach (zuerst FPÖ, dann BZÖ), der in der Regierung Schüssel auch Vizekanzler war, wird eine neue Universaldienstverordnung für den Telekommunikationsmarkt erlassen - unter heftiger Kritik der Mitbewerber der Telekom Austria, die von einem Geschenk an den Ex-Monopolisten sprachen. Gorbach hat nach seinem Ausscheiden aus der Politik laut dem Magazin "News" von der Telekom über den Lobbyisten Peter Hochegger mehr als eine Viertelmillion Euro für seine Sekretärin gezahlt bekommen. Gorbach weist den Vorwurf der Bestechlichkeit von sich.
FPÖ/BZÖ
Hier gibt es gleich eine ganze Lawine von Vorwürfen. So soll der Ex-FPÖ-Minister Mathias Reichhold 72.000 Euro von Hochegger erhalten haben. Reichhold betont, dass es sich dabei aber um Beratung für Hochegger im Zusammenhang mit der EU-Präsidentschaft Österreichs und nicht für die Telekom Austria handelt. Geld soll auch an den ehemaligen FPÖ-Politiker Reinhart Gaugg geflossen sein, die Rede ist von 30.000 Euro. Das FPÖ-Parteiblatt "Neue Freie Zeitung" wiederum soll sich an Druckkosten-Beiträgen erfreut haben. Zahlungen soll es auch an die mittlerweile stillgelegte BZÖ-Agentur "Orange" gegeben haben.
ÖAAB/FCG
Die Telekom hatte aber nicht nur beste Verbindungen zur FPÖ bzw. zum BZÖ, auch die Arbeitnehmervertretungen der ÖVP waren "connected". So soll der ÖAAB 15.000 Euro bekommen haben, was insofern pikant ist, da der jetzige Vizekanzler Michael Spindelegger (V) jahrelang Spitzenfunktionär des ÖAAB war. Der ÖAAB betonte, dass den Zahlungen konkrete Gegenleistungen gegenüber stehen würden. Der FCG soll insgesamt 80.000 Euro erhalten haben. Die Christgewerkschafter wurden laut "News" in der Hochegger-Buchhaltung als "Lieferanten" geführt.
Kursmanipulation
Im Februar 2004 bekommen knapp 100 Telekommanager ein verspätetes Weihnachtsgeschenk in der Höhe von rund 9 Mio. Euro. Sie verdankten das Präsent einem Bonusprogramm, wonach der Kurs an einem bestimmten Stichtag einen definierten Wert erreichen musste. Dies gelang durch einen Kurssprung unmittelbar vor Börseschluss. Diesen Sprung soll Hochegger im Auftrag des Vorstandes oder einzelner Vorstandsmitglieder mit Hilfe eines Wiener Brokers initiiert haben, wie auch der Ex-Telekom-Manager Gernot Schieszler der Justiz erzählte. Von dem Bonusprogramm profitierte auch der jetzige Telekom-Chef Hannes Ametsreiter, der seine 92.000 Euro mittlerweile zurückgezahlt hat und betont, von den Machenschaften nichts gewusst zu haben. Ob dies stimmt untersucht unter anderem eine Sonderkommission, an deren Spitze ÖIAG-Chef Markus Beyrer steht. Der heutige Telekom-Aufsichtsratspräsident wiederum ist im Jahr 2008 auf Einladung von Mensdorff-Pouilly zum Jagen nach Schottland gereist - gezahlt hat die Telekom Austria.
Immodeals
Der ehemalige Monopolist Telekom Austria verfügt über Häuser in den besten Lagen, ein Teil davon wurde verkauft. Unter anderem an die Frau von Ex-ÖBB-Chef Martin Huber, der unter der damaligen ÖVP/FPÖ-Regierung auf den Chefsessel der Staatsbahn gehoben wurde. Bisher bekannt ist lediglich die "Causa Schillerplatz". Es geht um das Wiener Innenstadtobjekt "Schillerplatz 4", das im Jahr 2006 durch Barbara Huber-Lipp um kolportierte 5,8 Mio. Euro von der Telekom Austria gekauft und 2007 um gerüchteweise elf Mio. Euro an die Baufirma Seeste weiterverkauft wurde, die mit den ÖBB in engen Geschäftsverbindungen steht und einer der Großinvestoren beim Projekt des neuen Wiener Hauptbahnhofs ist. Huber hat sämtliche Vorwürfe zurück gewiesen. Die Immobiliengeschäfte der Telekom sollen nun untersucht werden.
Osttöchter
Die Telekom hat in den vergangenen zehn Jahren in Südosteuropa kräftig zugekauft. So zum Beispiel die bulgarische Mobiltel und die weißrussische Velcom. Bei beiden Zukäufen gebe es "Indizien" für Korruption, meint Telekom-Chef Ametsreiter. Zu dem Zukauf in Bulgarien musste Ex-ÖVP-Obmann und Unternehmer Josef Taus bereits im Jahr 2007 vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aussagen. Taus hatte 2002 gemeinsam mit dem Investor Martin Schlaff die Mobiltel gekauft und 2005 um mehr als das Doppelte an die Telekom Austria verkauft. Auch die Akquisitionen der Telekom werden nun unter die Lupe genommen. (APA)