PRO

  • Krisenbewältigung Vermögende hätten von den mit Steuergeld geschnürten Rettungspaketen für die Banken besonders profitiert, sagen die Befürworter. Statt beim Stopfen des Budgetlochs nun den Sozialstaat abzubauen, auf den vor allem Ärmere angewiesen sind, sollten die Profiteure gefälligst einen Beitrag leisten.
  • Leistungsfähigkeit Während der Anteil der Löhne am Volkseinkommen à la longue gesunken ist, erfreuten sich Vermögen über Jahre großer Zuwächse - und auch der Krisenknick dürfte bald kompensiert sein. Zur Finanzierung des Sozialstaats tragen sie dank im internationalen Vergleich geringerer Steuern dennoch wenig bei, meinen die Kritiker, die Hauptlast liege auf den stagnierenden Einkommen der Arbeitnehmer. Von "Leistungsgerechtigkeit" könne deshalb keine Rede sein: Wer etwa reich erbe, rühre keinen Finger und zahle keinen Cent an die Finanz. Ergo: Steuern auf Arbeit runter, Vermögenssteuern rauf!
  • Verteilung Zahlt der Mittelstand die Zeche? Unsinn, sagen die Fans der Reichensteuer. Entgegen aller Propaganda seien Vermögen massiv auf eine Oberschicht konzentriert. Laut Nationalbank besitzt das oberste Zehntel 60 Prozent des Privatvermögens, das reichste Prozent hortet 21 Prozent der Immobilien und 27 Prozent des Geldes. Dieser exklusive Kreis könne ein bissl Solidarität schultern, ohne gleich das Weite suchen zu müssen - zumal Steuerflucht nicht so einfach sei. Wer dem Fiskus entfliehen will, muss schon mit Kind und Kegel umsiedeln, wobei sich Immobilien schwer mitnehmen lassen. Und ob Bratislava als Millionärsdomizil wirklich so attraktiv ist wie Wien?
  • Ökonomische Vernunft Vermögenssteuern seien die konjunkturfreundlichste Variante der Budgetsanierung, weil die Reichen ihr Geld im Gegensatz zu den konsumierenden Massen ohnehin zu einem Gutteil bunkerten. Außerdem werde einer Krisenursache vorgebeugt: Schließlich hätten die enorm gewachsenen Vermögen das Spekulationskasino befeuert.
  • Gleichgewicht Viel Vermögen lege auch viel Macht in wenige Hände, die Demokratie drohe zu erodieren. Die Deklassierten und Chancenlosen würden die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich nicht ewig devot hinnehmen - und, wie in London oder Athen, den Aufstand proben.

KONTRA

  • Etikettenschwindel Geldsegen durch eine Reichensteuer? Eine krasse Fehlkalkulation, argwöhnen Kritiker. Werden nur Millionäre zur Kasse gebeten, bringe der Obolus viel zu wenig ein, um den Aufwand zu rechtfertigen. Sollen wirklich die verheißenen Milliarden fließen, müsse unweigerlich der Mittelstand draufzahlen - und die wirklich Reichen würden sich flugs in Steueroasen verziehen.
  • Reichenbashing Die SPÖ schüre bloß den Neid gegen die "G'stopften", um politisches Kleingeld für kommende Wahlkämpfe zu sammeln, vermuten (schwarze) Gegner - zumal das Bild vom steuerlich verhätschelten Reichen ein Schmäh sei. Während 44 Prozent der Einkommensbezieher wegen niedriger Bezüge von der Lohn- und Einkommensteuer befreit seien, berappe das oberste Zehntel 60 Prozent des diesbezüglichen Steueraufkommens. Diese "Leistungsträger" sollten nicht auch noch für ihr mühselig Erspartes zusätzlich zur Kasse gebeten werden. Außerdem müssten Erträge aus Vermögen bereits jetzt ganz normal versteuert werden, Substanzsteuern grenzten an "Enteignung".
  • Hochsteuerland Schon jetzt betragen die vom Staat eingehobenen Steuern und Abgaben international überdurchschnittliche 43 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Jede Draufgabe verschrecke Investoren und andere Leistungswillige, behaupten die Gegner - womit Wirtschaftsaufschwung und Arbeitsplätze flöten gingen.
  • Aufgeblähte Republik Wähle der Staat wieder einmal den bequemen Weg und zapfe eine neue Geldquelle an, sinke der Anreiz, die nötigen Strukturreformen in Angriff zu nehmen, gegen null. Dabei fräßen die explodierenden Kosten bei Spitälern, Pensionen und Co nicht erst seit gestern die Ausgaben für die Zukunft weg - schon vor der Krise lag der Schuldenstand bei 60 Prozent des BIPs. Statt neuer Steuern zum kurzfristigen Löcherstopfen seien mutige Einschnitte gefragt.
  • Eintreiben Laut SPÖ-Plänen sollen die Steuerpflichtigen von sich aus ihre Vermögen deklarieren. Auch Wohlmeinende halten das für eine Illusion, schließlich biete das Bankgeheimnis sicheren Schutz vor neugierigen Beamten. Vermögenserhebungen wiederum sind aufwändig - und liefen, so meint die Finanzministerin, auf Schnüffelei in den Schmuckkasteln der Bürger hinaus. (jo, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.9.2011)