
Die drei Krankenschwestern Chloe, Veronica und Sonia.
Bei der Masse an Serien über Ärzte und Ärtzinnen soll auch der pflegende Berufsstand endlich zu seinem Recht kommen. Mit "Nurse Jackie" oder auch "HawthoRNe" rückten die oftmals zur Randerscheinung Degradierten schon ein wenig in den Mittelpunkt. Wobei man natürlich Klassiker wie "Emergency Room" oder auch "Scrubs" nicht vergessen darf, in denen immer schon das gesamte Krankenhauspersonal eine Rolle spielte - von den fiesen KrankenhausverwalterInnen bis zum Hausmeister.
Seit kurzem ist auf ORF eins "Mercy" zu sehen, eine US-Serie, die Ärzte und Ärztinnen in Nebenrollen drängt und gleich drei Krankenschwestern in den Mittelpunkt stellt. Die eben aus dem Irak zurückgekehrte Veronica, ihre Kollegin Sonia und die ganz frisch angetretene junge Chloe. Während bei der Serien-Verwandtschaft "Grey´s Anatomy" oder auch bei "Private Practice" der soziale Hintergrund nur hin und wieder als wohlhabend durchblitzt, wird dieser bei "Mercy" schon in den Bildern zur Titelmusik klar gemacht: Die drei warten in grauen Gegenden von Jersey City auf Busse oder U-Bahnen, die sie zu ihren Jobs bringen.
Niedlich und fuchsteufelswild
Was in den kommenden Minuten folgt, ist streng unteren Mittelschicht-Klischees und schon gesehenen Figuren verpflichtet. Die Hauptfigur Veronica ist eine burschikose, verschlossene Frau mit Alkoholikerfamilie und düsteren Irak-Erinnerungen. Wie auch Sonia mag sie es im Ton ganz gern ruppig, was ein etwas holpriger Versuch ist, Geschlechterstereotypen zu entkommen. Veronica und Sonia geben zwar die rauen Vorstadt-Girls, die aber offenbar schon früh gelernt haben, sich mit "nuttig"- und "Schlampen"-Sagern bei den Vorstadt-Burschen anzubiedern.
Ganz zart, engagiert und voller Hoffnung ist hingegen die im Krankenhaus neue Chloe. Mit Rehaugen schmachtet sie den allgemein recht begehrten Dr. Sands an und legt sich, falls das nicht reicht, ein die Oberweite besser zur Geltung bringendes Oberteil zu. Und wenn sie ein wichtiges Medikament in der Krankenhausapotheke nicht bekommt, wird die Neue fuchsteufelswild, weil sie sich für ihre PatientInnen noch einsetzt und vor den bürokratischen Abläufen noch nicht kapituliert hat.
Posttraumatische Störung hatten wir schon
Den engagierten Berufsneuling kennen wir schon als Zoey Barkow aus "Nurse Jackie", die diesen noch dazu um Längen besser darstellt. Zwar nicht viel interessanter, aber zumindest allzu bekannt ist uns der Plot der an posttraumatischen Störungen leidenden MedizinerInnen. Dr. Owen Hunt und Dr. Teddy Altman aus "Grey´s Anatomy" haben sich da schneller auf die Mattscheibe gedrängt. Bei "Mercy" trifft es die im Irak traumatisierte Veronica. Und dann wäre da noch Sonia, die sich erfolgreich aus dem Ghetto herausgewunden hat, in welchem sich der Bruder noch anschießen lässt und in Drogengeschäfte verwickelt ist. Unzählbar, wie oft schon gesehen.
Aber zumindest eines vermag uns eine derart abgedroschene schlechte Serie zu zeigen: FernseherInnen ziehen sich offenbar nicht alles rein, was ihnen vorgesetzt wird. Von "Mercy" existiert nur eine Staffel und dabei wird es auch bleiben. Nicht schade drum. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 7. September 2011)