Bild nicht mehr verfügbar.

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg muss es sich wohl gefallen lassen, wenn er bei Treffen mit Angela Merkel und Nicolas Sarkozy mit der Faust getaggt wird.

Foto: EPA

Das Taggen von Fotos - das durch Software ermöglichte Markieren und Identifizieren von Personen auf Bildern - ist höchst beliebt. Wen interessiert es nicht, welche Personen auf einem bestimmten Bild zu sehen sind, gerade wenn die abgebildete Szene besonders stimmungsvoll oder gar lustig ist?

Dieses Feature ist auch nützlich, weil man ohne solche Tagging-Information Bilder bekannterweise nicht nach dem Namen der darauf Abgebildeten durchsuchen kann. Für den jeweiligen Nutzer selbst ist es interessant herauszufinden, auf welchen Fotos er abgebildet ist - zumindest solange diese Fotos nicht unangenehm oder gar anstößig sind.

Schon bisher fand das Markieren von Fotos statt, jedoch unter weitestgehender Nichtbeachtung. Seit Facebook aber das automatische Markieren aktiviert hat, schrillen vielerorts die Alarmglocken. Nicht nur, dass es damit für den einzelnen Nutzer nicht mehr ohne weiteres nachvollziehbar, geschweige denn steuerbar ist, wo und von wem er markiert wird, ist durch diese Funktion theoretisch einer flächendeckenden Identifizierung von Personen auf Fotos Tür und Tor geöffnet. Damit wäre Facebook technisch auch in der Lage, eine gigantische und für den Einzelnen kaum kontrollierbare Datenbank mit biometrischen Merkmalen aufzubauen.

Grundsätzlich hat jeder Facebook-Nutzer die Möglichkeit, das Tagging-Verhalten von Facebook zu beeinflussen. So kann eingestellt werden, ob man überhaupt getaggt werden kann und ob beim Hochladen neuer Fotos automatisch die Namen von Bekannten auf den jeweiligen Fotos vorgeschlagen und damit automatisch erkannt werden sollen. Dass Facebook diese Funktionen aber standardmäßig voraktiviert hat und die Möglichkeit zur Deaktivierung teils sehr tief in den Konto-Einstellungen versteckt ist, steht wiederum auf einem anderen Blatt.

Anzeigen gegen Facebook

Der hohe Bekanntheitsgrad von Facebook bringt es mit sich, dass das auf Facebook praktizierte Tagging vielerorts auf den rechtlichen Prüfstand gebracht wird. So ziehen etwa in Deutschland, aber auch in Österreich Datenschützer mittlerweile mittels Anzeigen gegen Facebook zu Felde. Alles konzentriert sich auf Facebook.

Dadurch tritt jedoch ein weiterer wichtiger Mitspieler in den Hintergrund: der User selbst. Immerhin ist er es, der das manuelle Tagging vornimmt oder auch das automatisierte Tagging nicht untersagt. Ist daher nicht der User selbst verantwortlich, wenn beim Tagging Persönlichkeits- und Datenschutzrechte anderer verletzt werden? Ist Facebook nicht bloß ein Dienstleister des Users? Dann müsste nicht Facebook, sondern der einzelne User rechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Wie so oft liegt die Wahrheit wohl in der Mitte. So kann einerseits angenommen werden, dass Facebook mannigfache Auswertungen markierter Informationen vornimmt, von denen der einzelne User nichts erfährt und die ohne sein Wollen erfolgen. In solchen Fällen kann Facebook nicht nur eine bloße Dienstleistereigenschaft zugesprochen werden. Sofern aber der User selbst taggt, dient ihm Facebook bloß als Mittel zum Zweck. Die Verantwortung, und auch allfällige rechtliche Konsequenzen, trägt daher der User.

In Deutschland ist die Bewusstseinsbildung in diesem Punkt schon fortgeschrittener. So verabschiedeten die Obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz schon 2008 eine Empfehlung an Anbieter sozialer Netzwerke, wonach diese ihre User über den richtigen Umgang mit den Daten Dritter aufzuklären hätten (Wiesbadener Beschluss). Auch wenn dieser Aufforderung in der Praxis oftmals nicht Folge geleistet wird - der dahinterliegende Gedanke ist wohl richtig: Nicht nur Facebook trifft die Verantwortung für den richtigen Umgang mit den Daten der User, sei es beim Markieren, sei es bei sonstigen Datenverwendungen auf Facebook. Auch der User steht in der Pflicht. Verletzt er diese, so drohen auch ihm zivilrechtliche, möglicherweise auch strafrechtliche Konsequenzen. (Wolfgang Tichy, Günther Leissler, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 7.9.2011)