Zürich - Konjunkturprognosen gleichen derzeit wieder einem Blick in die Kristallkugel: Während die Credit Suisse für 2012 mit einem Wachstum des Schweizer Bruttoinlandsproduktes von kaum veränderten 2,0 Prozent rechnet, sieht Bakbasel die Schweiz am Rande einer Rezession.
Als Gründe nennt Bakbasel die Belastung durch den starken Franken sowie die merklich verlangsamte Gangart der Weltkonjunktur. Die damit verbundenen Export- und Gewinneinbußen drückten die Investitionsbereitschaft der Schweizer Unternehmen. Damit komme auch die kräftige Erholung des Schweizer Arbeitsmarktes zum Erliegen, prognostizierte Bakbasel am Dienstag.
Eine temporäre Wachstumsdelle sei das wahrscheinlichste Szenario: Bakbasel geht davon aus, dass die Schweizer Wirtschaft vom Sommer 2011 bis zum Frühjahr 2012 stagniert und damit an den Rand einer Rezession gerät.
Ab dem zweiten Quartal 2012 werde es dank der abnehmenden globalen Risikoaversion wieder aufwärtsgehen, sodass im Gesamtjahr 2012 dennoch ein leichtes Wachstum von 0,8 Prozent resultiere. Bei der letzten Prognose Anfang Juni war Bakbasel noch von einem Wachstum von 1,8 Prozent ausgegangen. Die Prognose für 2011 kürzten die Basler nur leicht von 2,2 auf 1,9 Prozent.
Bakbasel ist zusammen mit der Credit Suisse das erste Konjunkturforschungsinstitut, das nach der Vorlage des etwas schwächeren Wirtschaftswachstums im zweiten Quartal durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) die Prognosen revidierte. Von März bis Juni war das Bruttoinlandsprodukt noch um 0,4 Prozent gestiegen, innert Jahresfrist betrug die Zunahme 2,3 Prozent.
Anders als Bakbasel bleibt die CS für 2012 ziemlich optimistisch, obwohl die Finanzmärkte angesichts der Schuldenkrise in der Euro- Zone und den USA sowie weltweiten Rezessionsängsten heftig schwanken. Die Ökonomen der Großbank rechnen aber nicht mit einem Abgleiten der Weltwirtschaft in eine Rezession.
Der Aufschwung werde sich fortsetzen, wenn auch in den meisten Industrieländern nur zögerlich. Für die Schweiz beließ die CS ihre Prognose für 2011 bei einer Zunahme der Wirtschaftsleistung um 1,9 Prozent. Für 2012 reduzierte sie sie leicht von 2,2 Prozent bei der letzten Prognose im März auf 2,0 Prozent.
Allen Unkenrufen zum Trotz scheine die Frankenstärke zwar schmerzhaft, aber verkraftbar, sagte CS-Ökonom Martin Neff vor den Medien in Zürich. Zudem bleibe die Geldpolitik global locker und die Energiepreise hätten nachgelassen. Vor allem aber sei die Finanzlage der Unternehmen mit Blick auf mehrheitlich positive Halbjahresabschlüsse stark, was Investitionen fördere.
Auch der Privatkonsum werde von Tiefstzinsen und günstigen Preisen gestützt. Hinzu kommen die Einwanderung sowie der Arbeitsmarkt, der sich im kommenden Jahr kaum verschlechtern dürfte. Die Teuerung bleibe 2012 bei moderaten 1 Prozent.
Neff sieht die Wahrscheinlichkeit für sein Hauptszenario bei über 50 Prozent. Sollte aber das "Endzeitszenario" mit dem Auseinanderbrechen der Euro-Zone und einer tiefen Rezession in den USA eintreten, werde auch die Schweizer Wirtschaft schrumpfen.
Das derzeitige Umfeld erinnere stark an den September 2008, als die Unsicherheit groß war und die Finanzkrise mit der Lehman-Pleite ihren Lauf nahm. Prognosen seien extrem schwierig. "Der Abschwung beginnt im Kopf", warnte Neff. (APA)