So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist: Muammar Gaddafi auf der libyschen 50-Dinar-Note.

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Tripolis/Brüssel - Zehn Fahrzeuge mit Gold, Euro und Dollar seien aus Libyen im Niger eingetroffen erklärte ein Mitglied des libyschen Übergangsrates unter Berufung auf Angehörige des Tuareg-Volkes am Dienstag. Der gestürzte Diktator bringe sein Vermögen außer Landes, wurde spekuliert. Die Lastwagen mit dem Schatz der Gaddafis würden von Militärs begleitet, hieß es.

Die Spekulationen kommen nicht von ungefähr. Die Financial Times vermutete bereits im März, dass Gaddafi seine Eisernen Reserven in die südlibysche Stadt Sabha gebracht habe, weil man von dort im Fall einer notwendigen Flucht, schnell in den Tschad und Niger gelangen kann. In Niger könnte Gaddafi zudem über die libysche Auslandsbank sein Gold gegen Geld tauschen, ohne dass Niger die UN-Sanktionen übertreten würde, argumentierte man damals. Das Privatvermögen des Gaddafi-Clans wird auf etwa 100 Milliarden Euro geschätzt.

Trotz der Kontosperren, könnte er Geld versteckt haben. Die Summe der über französische Banken geparkten Gelder sank kurz nach Beginn der Unruhen. Die Los Angeles Times berichtete im April, Gaddafi hätte trotz Sanktionen Geld nach Tripolis schaffen können. Der Großteil wurde aber erfolgreich eingefroren. Etwa 85 Milliarden Euro werden von Regierungen weltweit blockiert, in den USA sind es 23,8 Milliarden, in Großbritannien 13,6, in Österreich immerhin 1,2 Milliarden Euro. Auf wie viel Geld Gaddafi und seine Getreuen trotzdem zugreifen können, weiß niemand.

US-Geheimdienste vermuten, dass Gaddafi über Dutzende Milliarden Dollar in bar verfügte. Laut Financial Times hortete er allein 144 Tonnen Gold, eine der größten Goldreserven der Welt. Allerdings waren laut dem Internationalen Währungsfond (IWF) 143,8 Tonnen Gold, die einem 4,58 Milliarden Euro entsprechen, in der Zentralbank in Tripolis gelagert, auf die Gaddafi heute sicher keinen Zugriff mehr hat. Laut dem ehemaligen libyschen Notenbankchef Farhat Bengdara wollte Gaddafi zuletzt allerdings noch 25 Tonnen Gold verkaufen.

Offenbar hatten die Sanktionen gegriffen und es fehlte an Geld. Laut Bengdara belaufen sich "die Aktiva des Staates, der Libyan Investment Authority (LIA), der Notenbank und die Goldreserven" auf 120 Milliarden Euro. Doch all dieses Geld sei eingefroren. Durch die UN-Resolutionen wurden die Privatkonten des Clans, die Konten der Außenhandelsbank LFB, der Ölgesellschaft, der Zentralbank und des Staatsfonds LIA gesperrt. Allein LIA umfasst 50,3 Milliarden Euro und ist an mehr als 100 Unternehmen beteiligt.

Langer rechtlicher Prozess

Während auf das Vermögen in diesen staatlichen Institutionen (das ist der Löwenanteil des Geldes, auf das Gaddafi früher Zugriff hatte) nach der Aufhebung der Sanktionen und der Etablierung des neuen Regimes leicht wieder zugegriffen werden kann, ist die Enteignung von "Privatvermögen" mit einem oftmals langwierigen rechtlichen Prozess verbunden. Die Philippinen brauchten 22 Jahre, um auf die ausländischen Konten des Diktators Ferdinand Marcos Zugriff zu erlangen.

Immerhin eine leidige Finanzgeschichte ist erledigt. Die Schweiz hat jene 1,5 Mio. Franken zurückbekommen, die sie in der Affäre Hannibal (ein Sohn Gaddafis war in der Schweiz gewalttätig geworden), um Gaddafi beruhigen, auf ein deutsches Sperrkonto überweisen hatte müssen. (awö/DER STANDARD, Printausgabe, 7.9.2011)