Quetta/Islamabad - Bei einem Doppelanschlag auf pakistanische Sicherheitskräfte sind im Südwesten des Landes am Mittwoch mindestens 24 Menschen getötet worden. Die Tat richtete sich gegen die paramilitärischen Grenztruppen in Quetta, die vor zwei Tagen die Festnahme des ranghohen Al-Kaida-Mitglieds Younes al-Mauretani bekanntgegeben hatten. Die Taliban bekannten sich zu den Anschlägen und bezeichneten sie als "Rache" für die Verhaftung Mauretanis.

Ein erster Selbstmordattentäter habe sein mit 50 Kilogramm Sprengstoff beladenes Auto an der Mauer der Residenz des Vize-Kommandanten der Grenztruppen, General Farrukh Shehzad, in die Luft gesprengt, sagte ein Polizeioffizier. Anschließend sei ein weiterer Attentäter auf das Gelände vorgedrungen. Dieser habe zwei Granaten geworfen und dann in dem Haus seinen Sprengstoffgürtel gezündet. Laut Sicherheitsvertretern wurden der General und mindestens eines seiner Kinder bei dem Angriff verletzt. Seine Frau kam nach Angaben der Polizei ums Leben. Unter den 24 Toten waren demnach mindestens elf Angehörige der Grenztruppen und der Armee. Mehr als 80 Menschen wurden laut Polizei verletzt. Vor der Residenz hatten zahlreiche Sicherheitskräfte gewartet, da sie den General zur Arbeit eskortieren sollten.

Die Explosionen richteten enormen Schaden an. Mehrere Fahrzeuge und Motorräder der Grenztruppen wurden von den Flammen erfasst. Auch eine nahe gelegene Moschee und mehrere Residenzen von Militärs wurden durch die Wucht der Explosionen schwer beschädigt. In den Trümmern am Anschlagsort fand die Polizei den abgetrennten Kopf eines Attentäters sowie einen Ausweis. Demnach soll der Mann aus der nordafghanischen Provinz Kunduz stammen.

Zu dem Doppelanschlag bekannten sich die pakistanischen Taliban. Damit habe die Festnahme von Mauretani und zwei weiteren Al-Kaida-Mitgliedern "gerächt" werden sollen, sagte Taliban-Sprecher Ehsanullah Ehsan. Die Festnahmen waren mit den USA abgestimmt. Nach Angaben der pakistanischen Armee soll Mauretani auf Geheiß des mittlerweile getöteten Al-Kaida-Führers Osama Bin Laden Anschläge in den USA, in Europa und Australien geplant haben.

Quetta ist die Hauptstadt der an den Iran und Afghanistan grenzenden Provinz Baluchistan (Belutschistan). Dort hat die Gewalt in den vergangenen Jahren stark zugenommen. In der Provinz kämpfen seit langem ethnische Gruppen gegen die Zentralregierung in Islamabad. Zudem gilt die Region als Rückzugsgebiet der Taliban.

Pakistan ist nach Auffassung des US-Senators Mark Kirk "die größte Gefahr für Afghanistan". Vom pakistanischen Geheimdienst ISI gehe auch eine "enorme Bedrohung" für die US-Truppen in Afghanistan aus, betonte der republikanische Politiker und Inhaber des früheren Illinois-Senatssitzes von Präsident Barack Obama am Dienstagabend (Ortszeit) in einem Vortrag in Chicago. "Machen wir uns nichts vor, viele Amerikaner sind wegen des ISI getötet worden", sagte Kirk, der als Reserveoffizier auf Geheimdienstfragen spezialisiert ist. Der 52-Jährige plädierte für ein generelles Überdenken der amerikanischen Pakistan-Hilfe, die er als "bestenfalls naiv und kontraproduktiv" bezeichnete.

Im Streit um den US-Einsatz zur Erschießung von Al-Kaida-Chef Osama Bin Laden im Mai war es zu einem schweren Konflikt zwischen Washington und Islamabad gekommen. In Pakistan war der mächtige militärische Nachrichtendienst Inter-Services Intelligence (ISI) wegen der Kommandoaktion heftig kritisiert worden. Die US-Regierung vermutete, dass Bin Laden Unterstützer bei den pakistanischen Behörden hatte. Der pakistanische Geheimdienst soll von Islamisten unterwandert sein. Unter dem früheren Diktator Pervez Musharraf hatte Pakistan von den USA seit 2001 Zuwendungen von weit mehr als zehn Milliarden Dollar erhalten, um den Terrorismus von Al-Kaida und Taliban zu bekämpfen.

Die Kommandoaktion gegen Bin Laden ist nach den Worten von Präsident Obama bis zuletzt auf Messers Schneide gestanden. Selbst kurz vor dem monatelang geplanten Angriff sei unsicher gewesen, ob sich Bin Laden überhaupt in dem ausspionierten Anwesen in der pakistanischen Stadt Abbottabad aufhielt, sagte der Präsident in einem neuen Dokumentarfilm, der am Dienstagabend (Ortszeit) erstmals im US-Fernsehen ausgestrahlt wurde. (APA)