Wien - Während der österreichische Feuerfestprodukte-Hersteller RHI eben noch dabei ist, in Brasilien ein eigenes Werk auf die grüne Wiese zu stellen, postiert sich bereits der brasilianische Konkurrent Magnesita mit einer Büroeröffnung in Österreich - in Europa ist er längst präsent. Derzeit ist der Mitbewerber eigenen Angaben zufolge der weltweit Drittgrößte der Branche - mit einem Marktanteil von knapp 6 Prozent.
Weltmarktführer sind die börsenotierte RHI, deren Haupteigentümer der Investor Martin Schlaff ist, bzw. Vesuvius mit je um die 10 Prozent. "In den kommenden Jahren wollen wollen wir von Wien aus kräftig wachsen", kündigte Magnesita-CEO Ronaldo Iabrudi Pereira heute, Mittwoch, bei einer Pressekonferenz an. Der Firmensitz befindet sich in Sao Paulo.
Die Brasilianer sind umsatzmäßig deutlich kleiner als die RHI, aber laut Eigenangaben ertragsstärker. "Global sind wir das profitabelste Unternehmen der Branche", sagte der Verantwortliche für den Geschäftsbereich Europa, Martin Bartmann. Die Eigenversorgung mit Rohstoffen ist mit einem Anteil von derzeit durchschnittlich 70 Prozent hoch, der Wachstumskurs dynamisch. "Bis 2013 will Magnesita den Selbstversorgungsgrad mit Rohstoffen ("Rückwärtsintegration") auf 90 Prozent kräftig anheben", sagte Finanzchef Flavio Rezende Barbosa.
Übernahmen und Fusionen
Fusionen bzw. Übernahmen stehen auf dem Plan, sofern sich Synergien ergeben. Der Feuerfestmarkt sei stark fragmentiert, eine Konsolidierung sei unausweichlich. "Wir wollen in diesem Konsolidierungsprozess eine stärkere Rolle spielen", unterstrich der Europa-Chef.
"Von Wien aus werden wir unsere Industrial Refractories Division leiten", so der Europa-Chef. Der Konzern konzentriert sich also auf Kunden aus der Zement-, Keramik- und Petrochemischen Industrie, nicht auf die Stahlindustrie. Für den Industrial-Bereich sei Magnesita "vollintegriert", kann also 100 Prozent der dafür nötigen Rohstoffe selbst aufbringen. Die Eigenproduktion von Magnesit will der Konzern bereits bis zum März 2012 von derzeit rund 80 Prozent auf 100 Prozent erhöhen, die Gewinnung von Graphit soll bis Ende 2012 von 80 auf 85 Prozent steigen. Entsprechende Investitionen werden derzeit getätigt.
Im Österreich-Büro starte Magnesita mit aktuell fünf Mitarbeitern, die Zahl werde aber schon bald "signifikant erhöht", so der Vice President der Sparte Industrial Global, Yan Hofstetter, der den neuen Standort in der Wiener Innenstadt leitet. In Europa hat der Konzern bereits im abgelaufenen Jahr intensiv Personal von anderen Unternehmen abgeworben. "In Österreich gibt es viele Mitarbeiter, die für unsere Branche wichtige Fähigkeiten haben", betonte Bartmann, der früher als Finanzchef der RHI-Division Industrial aktiv war.
Im ersten Halbjahr 2011 verbesserte Magnesita ihren Nettogewinn um 40 Prozent auf 70 Mio. brasilianische Real (30 Mio. Euro). Im Gesamtjahr 2010 hatte sich der Gewinn auf 80 Mio. Real (34,3 Mio. Euro) belaufen. Die operative Gewinnmarge vor Abschreibungen (EBITDA-Marge) lag bei 20,3 Prozent, heuer ist sie dem CFO zufolge "etwas niedriger". Der Jahresumsatz mit den weltweit rund 8.000 Beschäftigten erreichte umgerechnet 1 Mrd. Euro.
Zum Vergleich: die RHI erzielte im Vorjahr mit über 7.000 Mitarbeitern unter dem Strich einen Gewinn von rund 105 Mio. Euro, bei einem Umsatz von 1,52 Mrd. Euro. Die EBIT-Marge betrug 9,1 Prozent. Auf die Frage, ob Magnesita möglicherweise den rund 30-prozentigen RHI-Anteil von Schlaff übernehmen könnte, meinte Unternehmenschef Iabrudi: "Dazu möchte ich keinen Kommentar abgeben."
Fast ein Viertel des Magnesita-Umsatzes entfiel im Vorjahr auf Europa, wo der in Sao Paulo börsenotierte Konzern derzeit über 500 Kunden hat. Das Unternehmen arbeitet laut Eigenangaben mit nahezu allen führenden Unternehmen der Stahl- und Zementbranche zusammen - darunter etwa auch ThyssenKrupp, ArcelorMittal, Outokumpu, Tata Steel, Lafarge, Holcim und HeidelbergCement. In Österreich beliefern die Brasilianer beispielsweise den zur voestalpine gehörenden Edelstahlkonzern Böhler-Uddeholm. (APA)