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Logo der Partido Patriota.

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Pérez Molina.

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Die "eiserne Faust" bei einer Kundgebung in der Stadt Solola.

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Sandra Torres, die sich extra von ihrem Ehemann und amtierenden Präsidenten ...

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... Alvaro Colom scheiden ließ.

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Am Sonntag wählt Guatemala einen neuen Präsidenten, und jede Partei, die etwas auf sich hält, schickte nicht nur einen Kandidaten ins Rennen, sondern sendete auch kitschige Lieder an die Radiostationen des Landes. Das passt sehr gut zu einem Wahlkampf, der an vielen Stellen wenig an Politik, dafür mehr an Telenovela erinnert, und dessen Ende praktisch schon feststeht: Gewinnen wird aller Voraussicht nach Otto Pérez Molina. Politrambo und rechtskonservativer Ex-General mit problematischer Vergangenheit, der die Politik der „eisernen Faust" fordert, viel Polizei und Militär, null Toleranz und harte Strafen.

Zehn Kandidaten haben sich insgesamt um die Nachfolge des scheidenden Präsidenten Alvaro Colom beworben. Das amtierende Staatsoberhaupt muss gemäß Verfassung nach vier Jahren seinen Hut nehmen. 7,3 Millionen Guatemalteken sind aufgerufen, neben dem Präsidenten den Vizepräsidenten, 158 Deputierte des Kongresses, 333 Bürgermeister und 20 Abgeordnete für das mittelamerikanische Parlament (Parlacen) zu wählen.

Umfragenkönig Otto Pérez Molina

Perez, Chef der Rechtspartei Partido Patriota (PP), der bereits gegen Colom angetreten war, gilt zwar als Hardliner, äußert sich aber inzwischen noch vergleichsweise moderat zu den herausragenden Problemen des Landes. Zu der von vielen Menschen gewünschten Todesstrafe schweigt der ehemalige General, dessen militärische Karriere in Zeiten des Bürgerkrieges begann, als die Diktatur die berüchtigten Todesschwadronen gegen Oppositionelle aussandte. 

Peréz kämpfte auf Seiten der Regierungstruppen, die für die systematische Ermordung und Hinrichtung zahlloser Zivilisten, größtenteils Indigene, verantwortlich waren. Eine von der UNO einberufene Wahrheitskommission stufte in ihrem 1999 vorgelegten Bericht die Massaker an den Zivilisten als Völkermord ein. Auch ihm werden Menschenrechtsverletzungen nachgesagt, rechtliche Schritte wurden bisher aber keine eingeleitet.Sandra Torres, „Mutter des Volkes"

Der Sieg des ungeschlagenen Umfragekönigs scheint noch viel wahrscheinlicher, seitdem seine härteste Konkurrentin, Kandidatin der Regierungspartei, Sandra Torres, aus dem Weg geräumt wurde. Torres ist die Ehefrau des amtierenden Präsidenten Colom. Die Verfassung verbietet allerdings allen mit dem aktuellen Staatschef verwandten oder verheirateten Familienangehörigen die Präsidentschaftskandidatur. „Ich will die Mutter, die Ehefrau des Volkes sein", hatte Sandra Torres anfangs noch verkündet und einen juristischen Streit angezettelt. Unter Tränen verkündete sie öffentlich, sich für "persönliches Opfer für das Wohl Guatemalas" im Stile ihres Vorbilds Evita Perón entschieden zu haben: eine Last-Minute-Scheidung. Sie habe ihr privates Glück hinter das des eigenen Volkes gestellt, interpretierte sie den Schachzug. Dennoch, Ende August verbot ihr der Oberste Verfassungsgerichtshof den Wahlantritt.

Zwar lagen die Umfragewerte der Ex-First Lady schon vor dem Beschluss des Verfassungsgerichtes hinter Pérez, aber den acht weiteren zur Wahl stehenden Kandidaten werden so gut wie gar keine Chancen ausgerechnet. An zweiter Stelle, aber weit abgeschlagen, liegt der Jungunternehmer Manuel Baldizon. Erneut bewirbt sich auch die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchu für eine Allianz linker Gruppierungen. Ihr werden aber keine Chancen eingeräumt.

Schweres Erbe

Der künftige Präsident übernimmt ein Land mit fast unüberwindlichen Problemen. Zwar hat sich die landwirtschaftlich geprägte Ökonomie in den vergangenen Jahren dank der steigenden Preise für Agrarprodukte und für Rohstoffe positiv entwickelt, doch kommt der steigende Wohlstand nur bei den ohnehin schon Wohlhabenden an. Mit zehn Prozent ist die Steuerquote Guatemalas die geringste in der Region. Der Staat ist hoch verschuldet. Im Haushaltsentwurf für 2012 ist eine Neuverschuldung von fast 10 Milliarden Quetzal (rund 800 Millionen Euro) vorgesehen, wie die Zeitung "Prensa Libre" jetzt unter Berufung auf das Finanzministerium berichtete.

Das größte Problem aber ist die ausufernde Kriminalität. Mit bis zu 60 Morden auf 100.000 Einwohner gehört Guatemala zu den Staaten mit der höchsten Mordrate in ganz Amerika. Nach offiziellen Angaben werden rund 50 Prozent der Gewalttaten von Jugendbanden, den Maras, verübt, die etwa Verkehrsbetriebe erpressen. In Guatemala wurden seit Beginn dieses Jahres bereits rund 200 Busfahrer umgebracht, weil sich deren Unternehmen weigerten, Schutzgeld zu zahlen. Erschwert wird die Sicherheitslage durch die verstärkte Präsenz mexikanischer Drogenkartelle.
"Es ist das erste Mal, dass Wahlen zu einer Zeit abgehalten werden, in der organisierte Kriminalität und Drogenhandel stark präsent sind", sagte Marizza Herrera von der Internationalen Stiftung der Wahlsysteme (Ifes). Die brutalste Tat der Drogenmafia ereignete sich im Mai dieses Jahres in der nördlichen Waldprovinz Peten, wo 27 Landarbeiter getötet und enthauptet wurden. Seitdem gilt dort der Ausnahmezustand. "Für den Tourismus ist das eine Katastrophe", sagt der GIZ-Repräsentant im Peten, Jaap Schoorl, der damit begonnen hat, ein Guatemala, Belize und Mexiko umfassendes Projekt zum Schutz der Selva Maya, des "Mayawaldes" zu planen.

Bürgerkrieg

Zum schweren Erbe kommt die historische Last hinzu: Zwischen 1960 und 1996 wütete in Guatemala ein Bürgerkrieg, dem mindestens 200.000 Menschen zum Opfer fielen, dazu unzählige Folteropfer, „Verschwundene" und Vertriebene. Beschuldigt werden sowohl staatliche Organisationen wie paramilitärische Einheiten. Ein Friedensabkommen beendete den jahrzehntelangen Bürgerkrieg zwischen Guerilla, Staat und rechten Todesschwadronen, die heutige Gesellschaft ist allerdings immer noch durch ein hohes Ausmaß an Gewalt gekennzeichnet, insbesondere gegen Frauen. Während viele Menschen kriminellen Jugendbanden, sogenannte „maras", dafür die Schuld zuschreiben, machen andere den Staat und die fortwirkenden Gewaltstrukturen verantwortlich.

"Heute ist die Lage Guatemalas katastrophal", analysiert ein europäischer Diplomat die Entwicklung in dem mittelamerikanischen Land mit fast 13 Millionen Einwohnern, laut der Nachrichtenagentur APA. Die politische Elite habe kapituliert. Alle Kandidaten treten mittlerweile für eine Politik der harten Hand gegen die Kriminalität ein - eine Politik, die in den Nachbarländern Honduras und El Salvador nur zu noch mehr Toten geführt hat. (fin/APA, derStandard.at, 7.9.2011)