Wien - Dass die Schweiz im Kampf gegen den Franken-Höhenflug ihre Währung gestern an den Euro gekoppelt hat, hat in den Augen des Vorstands der Erste Bank "nur die Krise sichtbarer gemacht". Damit würden Symptome bekämpft. Erste-Vorstandssprecher Thomas Uher sagte, dass sein Haus in den nächsten Tagen alle Franken-Kreditkunden kontaktieren wird. Einziger Tenor: "Raus aus diesem Risiko".

"Ich hoffe, dass es mit der Festlegung auf einen festen Mindestkurs gelingt, den Franken über 1,20 Euro zu halten", sagte Uher. "Wir raten unseren Kunden jetzt dringend, das Risiko zu reduzieren und das seit gestern geöffnete Window of Opportunity zu nutzen."

Die aktuelle Empfehlung an die Kunden: Die gesamte Kreditsumme oder zumindest große Teile sofort auf Euro zu konvertieren, diese endfälligen Kredite auf laufende Rückzahlung umzustellen und die Tilgungsträger stillzulegen, also keine Prämien mehr darauf einzuzahlen. Die Beratung werde auf diese Ziele abgestellt. Die Erste verlange auch keine Konvertierungsgebühren, versicherte Uher.

Bisher Zurückhaltung

Bisher hatte sich die Erste in Österreich zurückhaltend zu Kredit-Konvertierungen geäußert, im Gegenteil: Vielmehr wurde zu langem Atem geraten, also im Frankenkredit drinzubleiben. Doch seit gestern habe sich die Welt geändert, heißt es am Mittwoch in der Ersten.

Kopfzerbrechen bereitet den Bankern bereits, dass sich nach dem gestrigen spektakulären Schritt der Schweizer Notenbank freie Kreditvermittler und Finanzberater schon wieder die Hände rieben. Dass sie also nicht nur Entwarnung an der Frankenkreditfront orteten, sondern schon neue Gelegenheit zum Einstieg sähen.

In Österreich zählt die Erste Group rund 16.000 Kunden, die Frankenkredite aufgenommen haben, in Summe 2,7 Mrd. Euro. Davon rund 2 Mrd. Euro private Kreditnehmer, primär Häuslbauer. Praktisch alle Frankenkredite sind variabel verzinst. Österreichweit sind nach Banken-Angaben umgerechnet 34,5 Mrd. Euro an private Frankenkreditnehmer verborgt und 8,8 Mrd. Euro an Firmen.

Die Erste selbst hat in den letzten zwei Jahren nur 5 Prozent der Frankenkredite in "laufende Tilgungen" gedreht. Unter den neuen Vorzeichen sollte es laut Uher gelingen, in den nächsten fünf Jahren das Frankenkreditvolumen durch Euro-Wandlung bzw. Tilgungen auf die Hälfte zurückzuschrauben.

Am Mittwoch zumindest schien das Ziel der Schweizer zu halten, bisher hat sich der Euro zum Franken über der anvisierten Untergrenze von 1,20 Franken gehalten. Mit dem vorangegangenen Franken-Höhenflug - der de facto schon die Marke von 1:1 zum Euro testete - war der buchmäßige Euro-Schuldenberg der Franken-Kreditnehmer heuer drastisch gestiegen. Mit der de-Facto-Zementierung bei 1,20 ist dieser Buchverlust gesunken. Weil die meisten Kredite erst 2020 fällig werden, muss abgewartet werden, wie weit der Schritt der Schweizer von Erfolg gekrönt sein wird.

Mit Fremdwährungskrediten - in Österreich sind das zur Zeit überwiegend Frankenkredite - ist dreifaches Risiko verbunden: Das Währungsrisiko, das Zinsrisiko und das Risiko des Tilgungsträgers - oft Lebensversicherungen bzw. Fonds, die bei den endfälligen Ausleihungen am Laufzeit-Ende den Kredit tilgen sollen. In der ersten Phase der Finanzkrise waren solche Träger schon unter Wasser geraten.

Viele Frankenkredite

Österreichs Bankwirtschaft ist mit dem hohen Anteil an Frankenkrediten in besonderem Maß an das Schicksal der Schweizer Währung gebunden.

In einer in der Nacht auf Mittwoch veröffentlichten neuen Länderanalyse hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Besorgnis darüber geäußert, dass die österreichischen Banken in Ost- und Südosteuropa so viele Frankenkredite verliehen haben.

Nach Zahlen der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) haben Österreichs Banken aktuell insgesamt 176,9 Mrd. Euro an Fremdwährungskrediten vergeben. Davon entfielen 58,3 Mrd. Euro auf Österreich und der größere Rest auf Osteuropa. (APA)