
Wolfgang Böck erklärt das Konzept des Regisseurs: "In den Spielszenen muss halt das Tempo laufen, damit's auch lustig ist."
Böck (58), bekannt aus den Serien "Kaisermühlen-Blues" und "Trautmann", ist Linzer sowie Intendant der Schlossspiele Kobersdorf.
Mit Böck sprach Stefan Ender.
Standard: Sie geben in "Wiener Blut" den Karussellkönig Kagler. Einmal meint er in Richtung Graf Zedlau, dem Liebhaber seiner Tochter: "I sog eahm scho meine Meinung" - als er's dann tun könnte, zieht er zurück: "Es muss jo ned glei sein." Ein typischer Wiener?
Böck: In meinem Libretto sagt er das gar nicht! Aber: Ja, er ist natürlich ein typischer Wiener, Marke: Mia san mia. Er hat ein goldenes Wienerherz, dessen Kehrseite, wie wir wissen, aber auch sehr schwarz sein kann. Die Rolle ist ja nicht so groß, dass man daraus jetzt eine Charakterstudie entwickeln könnte, aber es gibt ein schönes neues Kagler-Couplet, das hier im Hause von Christoph Wagner-Trenkwitz getextet wurde, zur Überbrückung der Umbaupause vor dem dritten Akt.
Standard: "Wiener Blut" ist das "Ich war noch niemals in New York" von vor 100 Jahren - keine original Operette von Johann Strauß Sohn, sondern ein von Adolf Müller zusammengestelltes Potpourri von Tänzen des Komponisten, um das herum Viktor Léon und Leo Stein eine Story gebastelt haben. Merkt man dem Stück das an?
Böck: Ich hab die Produktion noch nie als Ganzes gesehen, aber es ist natürlich schon ein bisschen eine zusammengestoppelte G'schicht. Auch das Bild vom Wiener als begnadetem Liebhaber, das hier gezeichnet wird. Es ist halt mehr Unterhaltung als Realität.
Standard: Wie legt Regisseur Thomas Enzinger diesen Mini-"Reigen" an?
Böck: Die Produktion ist opulent ausgestattet, es gibt große Chorszenen, viel Ballett, zum Teil sehr schöne Nummern, was ich so von der Seite gesehen hab'. Und in den Spielszenen muss halt das Tempo laufen, damit's auch lustig ist.
Standard: Der Intendant des Carl-Theaters hat einige Monate nach der Uraufführung aufgrund ausbleibenden Erfolgs den Freitod gewählt - das wird Direktor Robert Meyer also erspart bleiben.
Böck: Das wünschen wir ihm. Ich glaub nicht, dass es nötig sein wird, dass er sich was antut.
Standard: Was finden Sie ungut an Operetten, was mögen Sie daran?
Böck: Das fällt mir jetzt schwer. Ich kenn die Operette eigentlich zu wenig. Ich bin hier dabei, weil man mich gefragt hat. Ich kannte das Haus noch nicht, Zeit hab ich gehabt, also hab ich mir gedacht, na ja, schaust du dir das einmal an. Wenn ich jetzt sagen würd, die Operette is a Kas - dann hätt ich hier ja nichts verloren.
Standard: Ist die Stimmung an einem Opernhaus hinter den Kulissen anders als an einem Theater?
Böck: Es ist wirklich anders. Singen ist ein anderer Vorgang als das Spielen, sicher der schwierigere Vorgang, der ein hohes Maß an Konzentration verlangt. Bei der Singerei ist es ja so, dass das Publikum in der Regel die Lieder kennt und weiß, jetzt kommt dann irgendwann der und der Ton. Und wenn die Kollegin singt und der Ton kommt nicht - na, das is dann schlecht ... Ein Schauspieler ist, wenn er eine gute phonetische Ausbildung genossen hat, immer auf der sicheren Seite.
Standard: Ist Operette nur mehr ein Teil der touristischen Trademark, oder hat sie mit dem Wien von heute noch etwas zu tun?
Böck: Ich kenn die Auslastungszahlen dieses Hauses nicht, aber die Leute kommen hierher, sie fahren nach Baden, nach Mörbisch. Ich glaub schon, dass dieses Genre in der heutigen Zeit von vielen Leuten gern gehört wird.
Standard: Die Jubiläumssaison in Kobersdorf ist gut gelaufen?
Böck: Wir haben eine Auslastung von 99,34 Prozent gehabt, über 16.000 Besucher, und wir konnten - in diesem Sommer! - immer spielen. Es war nahezu perfekt.
(DER STANDARD, Printausgabe, 8.9.2011)