Bezirksvorsteherin Martina Malyar: gegen kleines Glücksspiel

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Die Schulkollegen von Martina Malyar haben es immer schon gewusst. "Unsere angehende Politikerin" , schrieben sie vor über 30 Jahren in die Maturazeitung. Tatsächlich legte die gebürtige Ottakringerin, die aus einem sozialdemokratischen Elternhaus stammt ("Ich habe schon in der Volksschule jeden Tag die Arbeiter-Zeitung gelesen" ), eine typische rote Karriere hin: An ihrem 16. Geburtstag wurde sie Parteimitglied, den Beitrag zahlte sie von ihrem Taschengeld. Sie dockte bei der Jungen Generation und beim Frauenkomitee im 9. Bezirk an, wurde Bezirksrätin und Landtagsabgeordnete, seit 2003 ist sie nun Bezirksvorsteherin am rot regierten Alsergrund.

Querulanten-Lebensläufe schauen anders aus - dennoch ist Martina Malyar derzeit das Sprachrohr der wachsenden Zahl von Genossen, denen der Kurs der Wiener Parteispitze beim kleinen Glücksspiel zuwider ist. Trotz anderslautenden Parteitagsbeschlusses macht man im Rathaus nämlich keinerlei Anstalten, die Automaten in der Bundeshauptstadt zu verbieten. Eine Verslumung der Grätzel und viel familiäres Leid seien die Folge des kleinen Glücksspiels, warnt Malyar und will nun auch die Bundespartei mit dem Thema befassen.

Dass ihre offene Konfrontation mit der Parteispitze politische Konsequenzen für sie oder ihren Bezirk haben könnte, glaubt Malyar nicht. "Man muss schon in Kauf nehmen, dass man zur Persona non grata wird. Aber ich bin lange genug in der Politik, um Befindlichkeiten von der Sache zu trennen." Sie sei nie jemand gewesen, der den Leuten nach dem Mund rede, sagt die 52-jährige verheiratete Mutter von zwei Töchtern über sich selbst - und als Bezirkspolitikerin sei es eben ihre Aufgabe, die Anliegen der Menschen aufzugreifen und nicht in erster Linie auf das Stadtbudget zu schauen. Denn immerhin spült das kleine Glücksspiel jährlich rund 60 Millionen Euro in die Rathaus-Kassa.

Neben ihrer politischen Karriere war Malyar als Hauptschullehrerin tätig, die ersten Lehrpläne für Informatik entstanden mit ihrer Beteiligung - "zu einer Zeit, als Lehrer noch bezweifelt haben, dass man an Schulen Computer braucht" . Als Pädagogin will sie die Hoffnung nicht aufgeben, dass die SPÖin Sachen Glücksspiel eines Besseren belehrt werden kann. Zu Kritik an der Partei über die Sache hinaus lässt sich Malyar nicht hinreißen, wenngleich sie meint: "Als Sozialdemokratin kann es für mich nie genug Sozialpolitik geben." (Andrea Heigl, DER STANDARD; Printausgabe, 8.9.2011)