
Die 77-jährige Jane Goodall inspirierte Kinder und Jugendliche in der Tanzwerkstatt - und tankte dabei selbst neue Energie.
Wien - In der knallvollen Wiener Tanzwerkstatt für Kinder ist alles längst vorbereitet: Die "Kaktusgruppe" wartet gespannt in ihren grünen Shirts, die "Luftgruppe" in ihren blauen - an der Wand steht ein Klappsessel mit einem gemütlichen roten Polster drauf für den Ehrengast bereit. Und dann kommt sie, die zierliche charismatische Grande Dame der Tierschutz- und Ökobewegung: Jane Goodall - ignoriert den gepolsterten Stuhl, setzt sich leger auf einen Tisch und begrüßt dann die Kinder mit den aufgeregt-begeisterten Rufen der ihr so sehr vertrauten Schimpansensprache.
Doch in welcher Sprache auch immer - die Aussagen sind an diesem Abend im Grunde stets die gleichen. Die Kinder und Jugendlichen drücken es im Tanz aus - zeigen die "flower power" der Erde, zum Element Wasser einen Regentanz, entfliehen dem Großstadtgetümmel mit Ballonen durch die Luft und zeigen die "burning love" des Elementes Feuer. Als Antwort auf die Frage: "Wie können wir uns wärmen, auch in einer kalten Welt?"
Schimpansen tanzen auch
Jane Goodall wiederum hat im Rahmen ihrer Forschungen nicht nur entdeckt, dass Schimpansen Werkzeuge benützen - was die bis dahin geltenden wissenschaftlichen Erkenntnisse regelrecht auf den Kopf stellte. Eines Tages beobachtete sie auch, wie eine Schimpansengruppe angesichts eines kühlenden Wasserfalles in ihrer Begeisterung regelrecht zu tanzen begann.
Und auch die 77-jährige Verhaltensforscherin beschäftigt seit längerem die Frage, was eine frustrierte, hoffnungslose Jugend einer "kalten Welt" entgegensetzen könne. Sei es in Afrika, China, Amerika oder Europa - überall habe sie immer wieder gehört: "Ihr Älteren habt unsere Zukunft zerstört", berichtet sie den Wiener Kindern. Bis sie schließlich die Gegenfrage stellte: "Vielleicht könnt ihr selbst etwas tun?" Und sie sammelte Ideen, wo und wie die Kinder etwas tun wollten, um die Welt zu verbessern.
Kinder und Jugendliche entwickeln Ideen
So entstand 1991 in Tansania die erste "Roots & Shoots"-Gruppe. Inzwischen sind es bereits weltweit mehr als 9000 derartiger Gruppen. In jeder entwickeln die Kinder und Jugendlichen Ideen, wie sie aktiv werden können - um in ihrer Umgebung Menschen, Tieren oder der Umwelt helfen zu können. Sie sammeln Müll, pflanzen Bäume, bauen Nisthilfen, veranstalten Flohmärkte.
Und dann bedankt sich Jane Goodall noch bei den Kindern. Am Nachmittag hatte sie in Gänserndorf das neue Freigehege für die ehemaligen "Immuno"-Laborschimpansen eröffnet. Sie sei schon ziemlich erschöpft in die Tanzwerkstatt gekommen, berichtet sie. "Euer Tanz hat mir wieder Inspiration und neue Energie gegeben." ( Roman David-Freihsl, DER STANDARD, Printausgabe, 8.9.2011)