Brüssel - Griechenland muss neuerlich um Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm zittern. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, erklärte bei seinem Besuch in Bulgarien, Athen müsse sich trotz seiner bisher getroffenen enormen Anstrengungen im Klaren sein, dass es die von der Eurozone definierten Ziele zu respektieren habe. Diese Bedingungen für den Erhalt der nunmehr sechsten Hilfstranche aus dem ersten Rettungspaket für Griechenland in der Gesamthöhe von 110 Milliarden Euro müssten erfüllt werden, "sonst kann die Ausschüttung nicht stattfinden".

EU-Kommission mahnt zur Ruhe

Die EU-Kommission sieht einem Sprecher zufolge derzeit jedenfalls keinen Bedarf, das zweite Rettungspaket für Griechenland noch einmal aufzuschnüren. "Das Wichtigste ist jetzt, sich weiterhin auf die Umsetzung der Beschlüsse vom 21. Juli zu konzentrieren", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Donnerstag in Brüssel.

Rehns Sprecher betonte zugleich, es gebe in der Euro-Zone keine Diskussion über ein Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion. "Weder ein Austritt noch ein Ausschluss ist möglich nach dem EU-Vertrag von Lissabon. Die Mitgliedschaft in der Währungsunion ist unwiderrufbar."

Vorige Woche waren Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) - die sogenannte Troika - vorzeitig von ihrer Überprüfung aus Athen zurückgekehrt, da die Regierung keine ausreichenden Maßnahmen vorweisen konnte, um die geforderten Spar- und Reformziele zu erreichen. Grünes Licht von der Troika ist aber die Voraussetzung für die Freigabe des Geldes.

Die Entscheidung der Eurozone ist für Mitte September angesetzt und wird auch Thema des informellen EU-Finanzministertreffens in einer Woche im polnischen Breslau sein. Die Auszahlung muss bis Mitte Oktober erfolgen. Bisher hat Griechenland fünf Tranchen aus dem ersten Rettungspaket und damit rund 65 Milliarden Euro - inklusive des IWF-Anteils - erhalten. Mit der sechsten Tranche wird die gesamte Hilfssumme auf rund 80 Milliarden steigen, womit noch 30 Milliarden Euro ausständig wären, davon gut 20 seitens der EU.

Diese verbleibenden 20 Milliarden würden allerdings in das von den EU-Ländern zu ratifizierende zweite Rettungspaket für Griechenland und einen modifizierten Rettungsschirm EFSF übergehen. Die Details dazu sind aber noch nicht ausverhandelt.

Nicht alle Euro-Länder schultern die Griechen

Das zweite Hilfspaket für Athen hat ein Volumen von 109 Milliarden Euro. Das erste Griechenland-Paket war vor Gründung des EFSF im Februar 2010 aufgelegt worden und beinhaltet vor allem bilaterale Kredite der Euro-Partner, zu einem Drittel ist der IWF beteiligt. Der EFSF hilft unterdessen zwei weiteren Euro-Ländern, Irland und Portugal, mit Milliardenbeträgen. Das Rettungspaket für Irland in Höhe von 85 Milliarden Euro wurde am 28. November 2010 beschlossen, jenes für Portugal mit einem Umfang von 78 Milliarden Euro am 17. Mai 2011.

Am ersten Griechenland-Paket hatten ursprünglich 14 der damals 16 Euro-Länder mitgezahlt. Neben dem betroffenen Griechenland, das die Hilfen erhält, hat sich die Slowakei bis dato geweigert, an dem Programm teilzunehmen. Ab Anfang 2011 ist zwar Estland als 17. Land bei der Eurozone, doch wird es erst nach Ratifizierung des zweiten Griechenland-Pakets und des modifizierten EFSF an der Hilfe teilnehmen. Außerdem zahlen Irland und Portugal als Hilfs-Empfänger ebenfalls nicht bei der Griechenland-Hilfe mit.

Die Ratifizierungen sollen bis Ende September abgeschlossen sein. In Österreich scheint dafür die Parlamentssitzung vom 21. September am wahrscheinlichsten zu sein. Die den Korruptionsaffären rund um Telekom gewidmete Sondersitzung des Nationalrats am 13. September dürfte zu früh sein, das nächste reguläre Plenum nach 21. September findet erst am 19. Oktober statt. Unklar ist, wie die Eurozone bei einem weiteren Ausscheren der Slowakei reagiert. In Bratislava ist die Koalition in dieser Frage zerstritten, zuletzt hatte es Berichte gegeben, wonach die Abstimmung erst im Dezember stattfinden könnte. Da Einstimmigkeit unter den Euro-Staaten notwendig ist, würde dies eine weitere Verzögerung bedeuten. Außerdem muss noch geklärt werden, wie mit den Wünschen aus Finnland nach Sicherheiten im Zusammenhang mit der Griechenland-Hilfe umgegangen wird. (APA)