Karin Wolf, studierte Theaterwissenschafterin, hat 1994 das "Institut für Kulturkonzepte" gegründet.

Foto: Nicole Heiling

Der Begriff "Kulturmanager" ist diffus, was macht man eigentlich in dem Beruf? "Die Arbeit beginnt da, wo das künstlerische Produkt fertig ist", erklärt Karin Wolf. "Wie bringe ich eine Utopie auf den Boden der Realität?" Wolf hat 1994 das Institut für Kulturkonzepte gegründet. Seitdem versucht die Direktorin, vor allem junge Leute für das Metier zu begeistern. Ihre Einrichtung widmet sich der Weiterbildung im Kunst- und Kultursektor. Sie ist die größte dieser Art in Österreich. Im Portfolio sind kurze Workshops, aber auch postgraduale Lehrgänge.

Mit welchen Aussichten? "Die Jobchancen sind zumindest nicht schlechter als in anderen Bereichen", sagt Wolf im Gespräch mit derStandard.at. Dem Kultur- und Freizeitsektor attestiert sie einen Wachstumskurs. "Bei den Beschäftigungsmöglichkeiten würde ich auch Tourismus und Soziales hineinnehmen." Theater, Museen, Festivals, PR-und Tourismus-Agenturen: "Potenzielle Arbeitgeber gibt es zur Genüge."

Zwei Extreme

Die Unternehmerin will mit Mythen aufräumen. Sie ortet zwei Vorurteile, die sich hartnäckig halten. Auf der einen Seite würden Berufe im Kultursektor mit ausbeuterischen Praktiken in Verbindung gebracht. Das zweite Extrem: Karrieren werden idealisiert. "Viele glauben, dass man es dann immer nur mit kreativen, tollen Leuten zu tun hat." Die Wahrheit liegt in der Mitte, meint Wolf: "Kulturmanagement ist im Grunde ein sehr pragmatisches Feld." Angesiedelt im Spannungsfeld zwischen Idealismus und Pragmatik gehe es einfach nur darum, den Laden am Laufen zu halten.

"Kulturmanager sind natürlich mit allen Fragen der Finanzierung konfrontiert", so Wolf, "auch eine Kulturinstitution ist ein Unternehmen". Die Verwaltung der Ressourcen "Zeit, Raum, Ort und Menschen" erfordere Führungskompetenz. Die wichtigste Eigenschaft ist jedoch, wie sie betont, die Qualität von Kunst und Kultur auch beurteilen zu können. Wo Kunst draufsteht, ist nicht immer Kunst drinnen. Ohne geschultes Auge sei man auf verlorenem Posten.

Viele Wege führen in die Kulturbranche

Die Wege in die Kulturbranche sind verschlungen, vorgefertigte Karrieren gibt es nicht. 18-Jährigen, die hier Fuß fassen wollen, empfiehlt Wolf zuallererst ein Studium, das die spezifischen Interessen widerspiegelt. "Das kann Kultur, aber auch Wirtschaft sein." In so einer frühen Phase sei es wichtiger, sich irgendwo ein Fachwissen anzueignen: "Im Studium lerne ich dann, Qualität zu beurteilen. Ein 18-Jähriger soll nicht lernen, wie man ein Projekt managt." Ein Kulturmanager in spe sollte einen inhaltlichen Zugang finden. Dieser müsse nicht zwingend via Kunstgeschichtestudium erfolgen. "Auch Psychologie, Theaterwissenschaften, Architektur, Publizistik oder Ethnologie" bedeuteten eine fundierte Basis für den weiteren Weg. "Die Person muss ein Profil haben, ihren Neigungen folgen."

Ein Studium in Mindeststudiendauer zu absolvieren, hält sie für nicht zielführend: "Nicht Schnelligkeit sondern Vertiefung steht im Vordergrund." Im Gegensatz zu vielen anderen outet sich Wolf als Befürworterin von Praktika. Und zwar in den unterschiedlichsten Bereichen; auch wenn sie unbezahlt sind. "Und das sind sie in der Regel." Als Türe zum Einstieg in die Berufswelt würden Praktika nach wie vor eine wichtige Rolle spielen: "Ich definiere das als unbezahlte Fortbildung."

Kommunizieren, überzeugen

"Das Schöne an dem Metier ist, dass hier fast nur Menschen beschäftigt sind, die eine Leidenschaft dafür haben", schwärmt Wolf von ihrer Tätigkeit, räumt aber gleichzeitig ein, dass die Arbeitsbedingungen hart sind: "Man sollte damit rechnen, dass man am Beginn tendenziell weniger verdient als in anderen Branchen." Gerade Kulturarbeiter sind oft mit prekären Arbeitsverhältnissen konfrontiert. Neben dem langen Atem sollte man noch "Leidenschaft, Eigeninitiative und Lust am Kommunizieren" als persönliches Rüstzeug mitbringen. "Kulturmanagement heißt, die ganze Zeit kommunizieren und permanent Leute von Ideen, deren Umsetzung und dem Budget überzeugen." Das sei die Hardware. Projektplanung, Sponsoring, Controlling, Betriebswirtschaft oder Öffentlichkeitsarbeit kommen als Software dazu.

Die Ausbildungsmöglichkeiten sind in Österreich ebenso differenziert wie der Beruf selbst. Sie reichen vom einfachen Wifi-Kurs "Kulturmanager" und gehen über FH-Studien bis zu postgradualen Masterstudien. Wie viel ist das dem Staat wert? "Es gibt immer zu wenig Geld", sagt Wolf, "aber wir dürfen uns in Österreich nicht beklagen". Im Vergleich zu anderen Ländern seien die Förderungstöpfe für Kunst- und Kulturschaffende recht gut gefüllt, Subventionsstellen gebe es viele.

Gute Chancen

Ein Feld, das weiter an Bedeutung gewinnen werde und mit dem man am Arbeitsmarkt reüssieren könne, sei Web 2.0 und Online-Kommunikation: "Da sind die wenigsten Kulturinstitutionen am letzten Stand." Auch das Thema Personalentwicklung und Mitarbeiterführung habe sich noch nicht im Bewusstsein der Kulturmanager manifestiert. "Das wird in den nächsten Jahren mit Sicherheit noch wichtiger werden", prognostiziert sie.

Sollte man als Kulturmanager einen guten Draht zu Politiker und Subventionsgeber haben? "Nicht unbedingt." Netzwerke seien zwar wichtig, aber nicht, um Kapital daraus zu schlagen - etwa in Form von Aufträgen. Wichtiger sind gute Kenntnisse über Kulturpolitik im Allgemeinen und nicht über bestimmte Politiker im Besonderen, so Wolf. (om, derStandard.at, 12.9.2011)