"Arabella"

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Foto: Staatsoper

Wien - Insgeheim - oder aber ganz offensichtlich - sind es in den meisten Opern Frauen, die die zentralen Fäden ziehen. Natürlich handelt es sich dabei zumeist um Projektionen von Männern, aber ihre Schöpfungen können mitunter mehr zum Ausdruck bringen, als den Herren wohl bewusst war.

Richard Strauss wurde ein Komponistenleben lang von Frauengestalten regelrecht verfolgt, die seine Opern von Salome bis Danae bevölkern. Ungemein vielfältig und widersprüchlich sind diese Personen, doch zeigen sie, dass die Geschlechterrollen seit Beginn des 20. Jahrhunderts massiv erschüttert wurden, dass alternative Modelle aufkamen. Die Bühne wird "zur kleinen Welt, in der die große ihre Probe hält."

Die Wiener Staatsoper nahm zu Saisonbeginn - neben den umjubelten Auftritten von Plácido Domingo in Verdis Simon Boccanegra - gleich zwei Gemeinschaftsarbeiten von Strauss und Hugo von Hofmannsthal ins Programm, in denen diametral entgegengesetzte weibliche Lebensentwürfe aufeinanderprallen.

Natürlich lockte das Haus sowohl bei Arabella als auch bei Ariadne auf Naxos mit Debüts; zunächst mit drei Herren, welche die erstgenannte Verkörperung eines denkbar reaktionären Frauenbildes umgarnten: Adam Plachetka gelang ein in jedem Sinn pointiertes Rollendebüt als Graf Dominik, Sorin Coliban war ein verlässlicher Graf Lamoral. Der siegreich um der Holden Gunst ritternde Mandryka von Tomasz Konieczny war zwar sehr sympathisch, klang aber zu oft blechern und hohl.

Und auch bei Anne Schwanewilms als Arabella menschelte es abseits der ausgeglichenen Mittellage, was allerdings durchaus zur psychologisch subtilen Regie von Sven-Eric Bechtolf (2006) passte. Das exquisite Ensemble mit Lars Woldt, Zoryana Kushpler, Genia Kühmeier und Michael Schade hätte sich eine eingehende Würdigung verdient.

So verschwenderisch prachtvoll das Staatsopernorchester hier mit Franz Welser-Möst aufspielte, so gänzlich anders aufgestellt schien es zwei Tage später - nicht nur wegen der viel schlankeren Partitur. Beim dirigentischen Debüt von Jeffrey Tate stellten sich erst im Lauf des Abends Konzentration und Fluss ein.

Neben vielen soliden Säulen des Hauses gab es ein rundweg geglücktes (Jochen Schmeckenbecher als Musiklehrer) und ein eher angestrengtes Hausdebüt (Ian Storey als Tenor/Bacchus), während Alexander Pereira mit der Perücke des Haushofmeisters sich selbst spielte. Abgesehen davon: In Kulissen, an denen der Staub von 35 Jahren unablösbar klebt, lässt sich nicht mehr wirklich sinnvoll agieren. Bei aller Liebe: Die Inszenierung von Filippo Sanjust (1976) gehört bitte noch vor der 200. Aufführung ersetzt.  (Daniel Ender / DER STANDARD, Printausgabe, 9.9.2011)