Für David Ben Gurion waren Israel und die Türkei zwei Staaten, die sich perfekt ergänzten: jüdisch der eine, muslimisch der andere, beide streng nach Westen ausgerichtet. Diese Idee des israelischen Staatsgründers galt noch bis vor wenigen Jahren. Es war ironischerweise die Demokratisierung der Türkei, die sie zunichte machte. Die Partnerschaft mit Israel war eine Sache des herrschenden türkischen Militärs und seiner Elite, nicht des Volks. Und das will nicht darüber hinwegsehen, wie Israel mit den Palästinensern, den Glaubensbrüdern, umgeht.

Tayyip Erdogan, der türkische Regierungschef, macht mit seiner antiisraelischen Haltung Politik und Stimmen. Er mag so gesehen ein Opportunist sein - ein Mann ohne Prinzipien ist er nicht. Im Gegenteil: Erdogan pocht auf Ehre und Ehrlichkeit. 2008 fühlte er sich vom damaligen israelischen Premier Ehud Olmert hintergangen, der ihn bei einem Besuch im Glauben ließ, er unterstütze die Vermittlungsbemühungen der Türkei mit Syrien; eine Woche später begann das Gaza-Bombardement. Ein Dreivierteljahr verhandelten türkische und israelische Diplomaten über eine Entschuldigung für den Sturm auf die Mavi Marmara. Erdogan fühlte sich ein weiteres Mal enttäuscht.

Die israelische Regierung wusste am Ende, der UN-Bericht würde ihr in wesentlichen Punkten recht geben. Umso leichter hätte ihr eine Entschuldigung für die Toten fallen können. Einfach aussitzen lässt sich diese Krise nicht. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.9.2011)