Bild nicht mehr verfügbar.
Bronchienerweiternde Medikamente und Cortison werden als Dosieraerosole verabreicht.
Wien - „Wir haben ein Problem. Asthma ist gut behandelbar. Doch bereits in den Jahren 2001 und 2004 haben Untersuchungen gezeigt, dass die Kontrolle der Erkrankung schlecht funktioniert. Und die jüngste Studie in Europa aus dem Jahr 2010 hat bewiesen, dass in keinem Land Europas eine zufriedenstellende Kontrolle erreicht wurde." - Der Wiener Experte Wolfgang Pohl, Vorstand der Lungenabteilung am Krankenhaus Hietzing, sieht die Situation rund um die häufige entzündliche Erkrankung der Bronchien beim Jahreskongress der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖPG/8. bis 10. September in Wien) durchaus kritisch.
Die Gründe sind offenbar mehrschichtig. Pohl: „Einerseits dürften Ärzte ihre Patienten offenbar nicht intensiv genug auf die Möglichkeiten und die Notwendigkeit einer regelmäßigen und ausreichenden Einnahme der Medikamente sowie auf die notwendigen Kontrollen hinweisen bzw. das überwachen, andererseits wissen wir, dass bei Asthmatikern bereits einige Wochen nach der Verschreibung von Arzneimitteln die Adhärenz (Compliance) zur Medikation bei nur noch 30 Prozent liegt. Selbst in überwachten klinischen Studien sind es oft nur 50 Prozent."
Alte Wirkstoffe neu kombiniert
Allerdings, wiederum durchaus selbstkritisch von der Warte des Arztes und Asthma-Spezialisten aus: „Wir tendieren dazu, Patienten mit mildem Asthma in einem Übermaß mit Medikamenten zu versorgen. Auf der anderen Seite sind Betroffene mit mittelschwerem oder schwerem Asthma oft untertherapiert."
Eine Antwort darauf könnten neue Therapieformen sein, welche die Einnahme der Arzneimittel, vor allem Dosieraerosole mit Bronchien erweiternden Substanzen (Beta-Mimetika) bzw. die Entzündung hemmenden Wirkstoffen (Cortison), weiter erleichtern sollen. Hier werden derzeit von mehreren Pharmaunternehmen auch „alte" Wirkstoffe neu kombiniert und mit neuen Verabreichungsformen versehen.
Bronchodilatantien und Cortison
Ein Weg dazu könnte die Kombination des lang wirksamen Bronchienerweiterers Formoterol mit der Cortison-Variante Mometason zum Inhalieren sein. Hier geht es um eine langfristige „Erhaltungstherapie" für Asthma-Patienten (Einnahme: zweimal täglich). Gar nur einmal soll ein Kombinationspräparat aus dem Beta-Agonisten Indacaterol (bisher bei COPD eingesetzt) und Mometason eingenommen werden müssen. Genau so wie bei Vilanterol in Kombination mit Fluticason Furoat.
Ebenfalls aus der Reihe der Medikamente zur Behandlung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) stammt die Substanz Tiopropium (Pulverinhalation). Pohl: „Hier hat sich gezeigt, dass mit der Substanz auch bei Patienten mit sehr schwerem Asthma noch eine Verbesserung möglich ist."
Asthma ist nicht gleich Asthma
Die Grundlagenforschung in Sachen Asthma weist zunehmend in eine Richtung, welche die Wissenschaft in anderen Bereichen der Medizin - zum Beispiel bei Erkrankungen wie Multiple Sklerose, in der Onkologie oder in der Rheumatologie - bereits gegangen ist: die Unterscheidung verschiedener Asthmaformen auf der Basis von jeweils typischen zellulären Ereignissen. Das soll auch zur Identifikation von ganz spezifischen Zielen („Targets") bei einzelnen Asthmaformen führen. Der Wiener Experte: „Es gibt verschiedene Phänotypen. Wir kommen in Richtung einer Individualisierung der Asthmatherapie."
Beim Ansprechen ganz bestimmter Ziele bei der Asthmatherapie führt auch in der Pneumologie kein Weg an der modernen Biotechnologie vorbei. So zum Beispiel wurde mit dem monoklonalen Antikörper Mepolizumab der Beweis erbracht, dass die Blockade des Immunbotenstoffs Interleukin-5 zu einer Reduktion der Zahl der eosinophilen Granulozyten in den Bronchien von Patienten führte, bei denen die Entzündung der Bronchien mit herkömmlichen Mitteln nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte. Gleichzeitig nahm die Häufigkeit akuter Verschlechterungen des Grundleidens (Exazerbationen) ab. Pohl: „Man weiß, dass gerade diese Exazerbationen zu einer schlagartigen Verschlechterung der Lungenfunktion führen." Eosinophile Granulozyten - Entzündungszellen - sind bei einem Teil der Asthmapatienten das hervorstechende Merkmal ihrer Erkrankung.
Gezielt therapieren
Ähnlich gezielt wirkt auch der monoklonale Antikörper Lebrikizumab, dessen Wirkung bei sonst nicht ausreichend kontrollierbarem Asthma in einer Anfang August im „New England Journal of Medicine" publizierten Untersuchung belegt wurde. Der Antikörper blockiert den Immunbotenstoff Interleukin-13. Er trägt wesentlich zu den Symptomen von Asthma bei und es erhöht Periostin - ein Protein, das sich mit Hilfe eines Bluttests messen lässt.
Die Studie zeigte, dass Lebrikizumab bei Patienten die einen hohen Periostinspiegel vor Beginn der Behandlung aufwiesen, zu einer stärkeren Verbesserung der Lungenfunktion führte als bei Patienten mit niedrigem Periostinspiegel. Hier könnte sozusagen ein „Hebel" für eine wirklich individualisierte Asthmatherapie existieren. (red)