Bild nicht mehr verfügbar.
Der Präsident der Wirtschaftskammer hält nichts vom Vorschlag der GPA.
Wien - In der Diskussion um die Einführung einer eigenen Frauen-Kollektivsrunde hat sich nun auch die Wirtschaftskammer zu Wort gemeldet. Präsident Christoph Leitl bezeichnete die Idee am Freitag im Ö1-Morgenjournal als "entwürdigend für Frauen, wenn man sagt, jetzt brauchen wir für euch arme Hascherl noch eine Extrarunde". Er führte aus: Die Anliegen von Frauen sollten dagegen bei den jährlichen Kollektivverhandlungen ein Thema sein. Für die Besserstellung von Frauen in der Berufswelt sei ein Bündel von Maßnahmen notwendig, wie etwa die Erweiterung der Berufsspektren von Frauen sowie mehr Kinderbetreuungseinrichtungen.
"Die natürlichste Sache der Welt", so Leitl, sei es, dass Frauen bei den jährlichen KV-Runden berücksichtigt werden müssen, aber dafür brauche es seiner Ansicht nach keine extra Kollektivvertragsverhandlung. VertreterInnen der Wirtschaft würden gerne darüber diskutieren, schließlich sei den UnternehmerInnen "die tolle Leistung ihrer Mitarbeiterinnen ein wichtiges Anliegen".
Berufswahl der Mädchen
Für die Besserstellung von Frauen in der Arbeitswelt sei - laut dem WKO-Präsidenten - mehr notwendig. Das beginne schon bei der Berufswahl: Mädchen sollten besser beraten werden. "Friseur, Büro und Verkäuferin ist sehr ehrenwert, aber wenn jedes zweite Mädchen in diese drei Berufe geht, obwohl wir 250 Berufe haben, dann müssen wir auch unseren jungen Damen sagen, dass sie eigentlich tolle Chancen liegenlassen, wo dann die Burschen eher zugreifen."
Nikolay-Leitner: Frauen auch in technischen Berufen benachteiligt
Die Anwältin für Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, Ingrid Nikolay-Leitner, kann dem Vorschlag der GPA - dieStandard.at berichtete - mehr abgewinnen. Dem Argument von Leitl, dass das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen in der Berufswahl liege, entgegnet die Juristin im Ö1-Morgenjournal, dass auch Frauen in technischen Berufen oft nicht die gleichen Einkommen erzielen wie ihre Kollegen. Die Juristin meint, es sei eine gute Idee sich vorerst die betrieblichen Lohn-Unterschiede anzuschauen und ist sich sicher, dass "die Unterschiede sehr schnell auffallen werden".
"Diskriminierung fällt nur auf, wenn man hinschaut"
Ingrid Nikolay-Leitner sieht das Problem der Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen anders: "Die Probleme sind nicht die Kollektivverträge selbst. Der Text der Verträge ist ja neutral. In diesen neutralen Kollektivverträgen werden Frauen aber im Einzelfall bei gleicher bzw. ähnlicher Tätigkeit anders eingestuft als Männer." Hierfür seien verschiedene Gründe ausschlaggebend: Einmal werden die Vordienstzeiten nicht angerechnet, ein anderes Mal werden Frauen willkürlich falsch eingestuft, auch werden Frauen später und seltener umgestuft, letztendlich werden Frauen - so Nikolay-Leitner - weniger oft befördert. Den Vorschlag der GPA begrüßt die Juristin. Es gehe darum, sich die Anwendung der Kollektivverträge anzuschauen. Durch die Einkommensberichte, die die Betriebe heuer erstmals vorlegen müssen, werde diese Einsicht erleichtert. "Diskriminierung fällt nur auf, wenn man auch hinschaut", gibt die Juristin zu bedenken. (red, dieStandard.at 9.9.2011)