Foto: Gerhard Wasserbauer

Systemgastronomisch behandelte Klassiker der Wiener Küche in frisch gelacktem Ambiente: das neue Plachutta-"Gasthaus" in der Walfischgasse.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Es hat gedauert, bis Mario Plachutta Umbau und Konzept für sein neues Restaurant beinander hatte: Seit dem Frühjahr musste die Eröffnung des "Gasthauses zur Oper" in der Walfischgasse mehrmals nach hinten verschoben werden. Mit Ende vergangener Woche wurde schließlich aufgesperrt, das Großrestaurant (je 150 Sitzplätze drinnen und im etliche hundert Quadratmeter großen "Schanigarten") ist nach massiver Vorauspropaganda in befreundeten Medien wie erwartet ausreserviert. Und im Gegensatz zu anderen Großeröffnungen läuft das Werkl von der ersten Minute wie geschmiert. Plachutta hat zuverlässige Leute aus anderen Teilen des Imperiums hierher beordert, um die wichtigen ersten Wochen - in denen der Ruf eines Lokals für die kommenden Jahre festgeschrieben wird - gut über die Runden zu bringen.

Das Ambiente ist durchaus charmant, die Kombination aus historischer Lamperie (noch aus den einst hier beheimateten Paulusstuben), nach alten Mustern neu gebrannten Relief-Fliesen und zeitgenössischen Holzstühlen wirkt gefällig, ohne kitschig zu sein. Im Zusammenspiel mit der für Plachutta-Standards zurückhaltenden Preisgestaltung (Wiener mit Salat um 16,80 Euro) und der routinierten Geschäftigkeit des Service kommt hier durchaus so etwas wie Wirtshausstimmung auf.

Eine neue erstklassige Adresse

Und das Essen? Wie bisher versteht es Plachutta, die Wiener Küche derart von Ecken und Kanten zu befreien, dass sie bei Zufallskonsumenten wie Habitués gleichermaßen problemlos runterrutscht. Flachsen, Fettaugen oder prononcierte Gewürze wird man nicht finden: Selbst im extra ausgewiesenen "Majoransaft" zur gerösteten Leber findet sich das quintessenzielle Wiener Küchenkraut nur in schüchterner Andeutung. Es wäre unfair, diese Art von weichgespülter Küche als Krankenhauskost zu bezeichnen - ein Messer aber wird man zur Zerteilung der Speisen nur theoretisch brauchen.

Vom schulmäßig soufflierten Schnitzel (mit deutlichem Backfett-Aroma) über den Zwiebelrostbraten (stark angedicktes Saftl, gutes Erdäpfelpüree) bis zur üppig gefüllten Rindsroulade gilt: Weich und willig sei das Fleisch. Speziell die Roulade zerfällt schon bei zaghaftem Gabelkontakt in ihre Fasern.

Das von Ottakringer eingebraute Hausbier wird in formschönen Willy-Bechern serviert und rinnt sehr animierend über den Gaumen, der Schankwein ist mit 3,20 Euro nicht eben wirtshausmäßig gepreist - dafür gibt es allerhand "große Rotweine aus Österreich" (Bela Rex, Gabarinza und andere Renommier-Cuvées) um schlank kalkulierte 49 Euro je Flasche. Alles in allem: eine neue erstklassige Adresse, um Erbtanten, Großeltern und andere potenzielle Investoren auszuführen. (Severin Corti/Der Standard/rondo/09/09/2011)