Wien - Nach Veröffentlichung einer umstrittenen Klima-Studie im internationalen Fachjournal "Remote Sensing" ist nun Wolfgang Wagner, Professor für Fernerkundung an der Technischen Universität (TU) Wien, als Herausgeber des Magazins zurückgetreten. US-Forscher hatten in der Studie die in aktuellen Klimamodellen ausgewiesene Temperatursteigerung bezweifelt. Wagner begründet in einem Editorial seinen Rücktritt damit, dass die Arbeit mit "fundamentalen Mängeln" behaftet und zu Unrecht veröffentlicht worden sei - eine Causa, die auch in den großen Wissenschaftsmagazinen wie "Nature" oder "Science" diskutiert wird.
Roy Spencer und William Braswell von der University of Alabama in Huntsville behaupteten in ihrer Ende Juli in dem Open-Access-Journal "Remote Sensing" veröffentlichten Arbeit unter Berufung auf Daten eines NASA-Satelliten, dass die Erde viel mehr Wärme ins Weltall abstrahle als in den Klimamodellen etwa des Weltklimarats IPCC berücksichtigt würde. Deshalb wären die Temperatursteigerungen übertrieben. Vor allem in den USA - wo der Streit zwischen Klimaschützern und Klimaskeptikern heftig geführt wird - wurden die Ergebnisse auch von Publikumsmedien wie "Forbes" oder "Fox News" aufgegriffen. Gleichzeitig regte sich aber auch heftige fachliche Kritik an der Arbeit und ihrer Veröffentlichung in dem Journal.
Gore in Flammen
Wagner gibt nun den Kritikern recht: In seinem Editorial protestiert der TU-Professor dagegen, wie "die Autoren und gleichgesinnte Klima-Skeptiker die Schlüsse aus der Studie in öffentlichen Statements stark übertrieben" hätten und spricht von einer "Kampagne". "Ich habe das nicht mehr als Wissenschaft, sondern als Pseudowissenschaft gesehen", sagte Wagner. Schaut man sich die Homepage des Hauptautors Roy Spencer an, ist dessen Einstellung jedenfalls schnell klar: eines seiner Bücher ("The Great Global Warming Blunder") wird dort beworben, ein brennender Umweltschützer Al Gore illustriert einen Blog-Beitrag.
Für Wagner würden die politischen Ansichten der Autoren allein allerdings nicht automatisch ihre Arbeit für die Publikation in dem Fachjournal disqualifizieren. Herausgeber sollten sehr sorgfältig darauf achten, dass "Minderheiten-Meinungen" nicht unterdrückt werden, und nicht jede kontroversielle Arbeit sollte schon während des Begutachtungsprozesses abgelehnt werden.
Studie bleibt Diskussionsobjekt
In sogenannten "Peer-review-Journalen", die Wagner "eine Säule der modernen Wissenschaft" bezeichnet, werden die eingereichten Arbeiten vor Veröffentlichung von unabhängigen Experten geprüft. Doch im konkreten Fall räumt Wagner Probleme bei der Beurteilung der Arbeit durch die vom Magazin ausgewählten Experten ein. Es seien "unabsichtlich drei Gutachter ausgewählt worden, die offensichtlich klima-skeptische Ideen der Autoren teilen". Die Autoren und Experten hätten zudem vergleichbare Studien mit gegenteiligen Ergebnissen "ignoriert". Aus diesen Gründen hätte die Studie der beiden US-Wissenschafter nicht veröffentlicht werden sollen.
Zurückgezogen wird die Studie vom Magazin allerdings auch nicht. Laut Wagner verfolgt das Verlagshaus (MDPI Publishing in Basel) vielmehr die Strategie, in dem Journal Antworten auf die umstrittene Arbeit zu veröffentlichen, "sprich Publikationen, die die fundamentalen Mängel der Arbeit offenlegen". (APA/red)