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Innenministerin Johanna Mikl-Leitner will für die Polizei mehr Rechte, SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann ist dagegen.
Wien - "Der vorliegende Gesetzesentwurf ist mit einer offenen Gesellschaft nicht mehr in Einklang zu bringen", empört sich SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann im Gespräch mit demStandard. "Das widerspricht ganz massiv unseren Grundrechten."
Was Wittmann so auf die Palme bringt, ist die Vorlage eines Antiterrorpakets aus dem Innenministerium. Darin sind zahlreiche Gesetzesverschärfungen vorgesehen, geändert werden sollen sowohl das Sicherheitspolizeigesetz als auch das Strafgesetzbuch. Während die vorgesehenen Änderungen im Strafgesetzbuch weitgehend außer Diskussion stehen, stößt eine Maßnahme im Sicherheitspolizeigesetz auf besondere Kritik in der SPÖ: Die erweiterte Gefahrenerforschung soll künftig auch auf Einzelpersonen angewandt werden können. Wittmann: "Damit schafft man acht Millionen verdächtige Österreicher, und es obliegt der Willkür der Polizei, wen sie verfolgt und wen nicht. Das ist ein ganz gefährlicher Schritt Richtung Polizeistaat."
Bisher war die erweiterte Gefahrenerforschung nur bei Gruppierungen zulässig. "Da musste immerhin schon eine Gruppierung aufgebaut werden, da mussten sich Leute verabredet haben, da wurde schon eine Handlung gesetzt" , erläutert Wittmann. Wendet man diese Gefahrenerforschung auf Einzelpersonen an, werde Willkür Tür und Tor geöffnet, fürchtet der SP-Verfassungssprecher. "Da gibt es keinerlei Tatverdacht, noch keinerlei Hinweise. Da kann jeder verdächtigt werden, die Polizei kann jederzeit Verfolgungshandlungen setzen."
Auch SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim will den Entwurf so nicht akzeptieren. Die erweiterte Gefahrenerforschung, aber auch die angedachte Vorfeldanalyse könnten extrem weit ausgelegt werden, das sei so nicht akzeptierbar, sagt Jarolim. Die Gefahrenerforschung müsse auf ganz konkrete Anlassfälle eingeschränkt werden, fordert Jarolim.
Im Innenministerium ist man dagegen von der Notwendigkeit der Gesetzesverschärfungen überzeugt. "Das ist auch international unwidersprochen" , sagt Hermann Muhr, Sprecher von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Gefahr gehe eben nicht nur von Gruppierungen aus, sondern auch von Einzeltätern, wie das jüngste Beispiel von Norwegen zeige. Wenn Personen etwa über das Internet auffällig würden, müsse die Polizei die Handhabe zu Verfolgungshandlungen haben.
In einem Strategiepapier des Innenministeriums heißt es dazu: "Die Möglichkeit zur Beobachtung einer Einzelperson im Rahmen einer erweiterten Gefahrenerforschung ist von essentieller Bedeutung. Die in § 21 Abs. 3 SPG beschriebene Gefahr kann auch von einer Person allein ausgehen. Die Sicherheitsbehörden (BVT, LVT) machen immer öfter die Erfahrung, dass sich Einzelne aus unterschiedlichen Beweggründen selbst radikalisieren."
Nächste Woche wird zwischen Innenministerium und dem SPÖKlub erneut über das Paket verhandelt. (Michael Völker, DER STANDARD; Printausgabe, 10./11.9.2011)