Die Sky Marshals haben in der Zentrale der Cobra bei Wiener Neustadt einen eigenen Simulator für das Training gegen Terroristen.

Foto: Fischer

Wien - Unauffällig sollen sie sein. Aber auch nicht so unauffällig, dass sie schon wieder auffällig sind. Im Idealfall bemerkt also niemand, dass der Sitznachbar im Flugzeug ein bewaffneter Air Marshal ist, der eingreifen soll, wenn es an Bord zu einer brenzligen Situation kommt.

In Österreich werden die Spezialflugbegleiter seit 1981 beim Sondereinsatzkommando Cobra ausgebildet. Seit dem Attentat auf den El-Al-Schalter am Flughafen Wien-Schwechat im Jahr 1985 waren die Aufpasser praktisch bei jedem Flug nach und von Israel dabei. "9/11 hat den Bedarf dann rasant ansteigen lassen" , erinnert sich Cobra-Kommandant Bernhard Treibenreif im Standard-Gespräch. Heute kommen die Air Marshals nach einem Drei-Säulen-Modell zum Einsatz: Bei gefährdeten Destinationen, bei aktuellen Warnungen und nach einer Zufallsrotation, die alle in Österreich vertretenen Fluglinien einbezieht. So ist es fast unmöglich auszuspionieren, ob ein Flugbegleiter der Cobra dabei ist oder nicht. Pro Jahr werden inzwischen mehr als 1000 Flüge begleitet.

Österreich ist Global Player

Durch seine langjährige Erfahrung ist Österreich im Air-Marshal-Bereich ein Global Player geworden und hat unter anderem auch die Atlas-Gruppe, den Verband der europäischen Spezialeinheiten, mit aufgebaut. Die beteiligten Länder verfügen über ein gemeinsames Computersystem, das die verschiedenen Sonderkommandos immer auf dem Laufenden hält. Erkenntnisse über Bedrohungslagen können so in Echtzeit ausgetauscht werden.

Seit vier Jahren stehen auf dem Cobra-Gelände bei Wiener Neustadt zwei nachgebaute Blechbäuche von Flugzeugen, in denen Antiterroreinsätze geübt werden. Davor hatten die Sky Marshals in echten Austrian-Flugzeugen und deshalb immer nur nachts, wenn die Maschinen nicht im Einsatz waren, trainiert.

Der Ernstfall heißt Terror

Mit näheren Infos sind die Air Marshals zurückhaltend. Vor einigen Jahren konnten sie jedenfalls die Entführung einer Aeroflot-Maschine verhindern. Weitaus häufiger schreiten sie ein, wenn Passagiere in psychische Ausnahmesituationen geraten oder nach zu vielen Drinks ausrasten.

Doch der Ernstfall, für den geprobt wird, heißt Terror. Im Notfall haben die Aufpasser die Befugnis, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Spezialmunition soll verhindern, dass dabei Löcher in die Bordwand gerissen werden. "Die oberste Maxime heißt aber mindestnotwendiger Gewalteinsatz" , so Cobra-Kommandant Treibenreif. Das Okay des Piloten, der seit einigen Jahren im mit einer schusssicheren Tür versperrten Cockpit sitzt, muss für einen Sky-Marshal-Einsatz nicht extra eingeholt werden.

Teure Airport-Sicherheit

Doch nicht nur die Cobra-Leute müssen sich mit Terror in der Luftfahrt auseinandersetzen. Präventivmaßnahmen haben Flugreisen auch für Passagiere entscheidend verändert: vom Chip-Reisepass bis zur digitalen Verarbeitung von Fingerprints, vom Flüssigkeitsverbot im Handgepäck bis zur Verdoppelung der Abfertigungszeiten, weil Fluggäste bei Kontrollen häufig ihre Schuhe ausziehen müssen, um zu beweisen, dass sie keine Bombe an Bord schmuggeln wollen. Grob geschätzt machen Sicherheitsmaßnahmen heute ein Drittel der Flughafenausgaben aus, vor 9/11 waren es fünf Prozent gewesen.

Am 29. April 2013 soll das Verbot, Flüssigkeiten in normalen Flaschen mit an Bord zu nehmen, enden. Die Entscheidung der EU ist aber an die Voraussetzung gebunden, dass bis dahin Flüssigkeits-Scanner zur Verfügung stehen müssen. Ganzkörperscanner sind immer noch im Teststadium. (Michael Simoner, DER STANDARD, Printausgabe, 10./11.9.2011)