Es wäre ein lohnendes Thema für eine politikwissenschaftliche Abschlussarbeit: "Christine Mareks Weg in die Kommunalpolitik - Wie man sich in nicht einmal zwei Jahren seine politische Karriere komplett ruiniert." Am 16. November 2009 machte das Parteipräsidium der Wiener VP die damalige Familienstaatssekretärin zur Chefin. Am 9. September 2011 gab sie ihren Rücktritt bekannt. Dazwischen liegen eine desaströse Wahl, gescheiterte Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ und persönliche Zerwürfnisse. Zudem gab Marek ihren "Herzensjob", das Staatssekretariat, auf und wird, wie schon zuvor, Nationalratsabgeordnete - mit völlig ramponiertem Image.

Die Kurzzeit-Parteichefin hat viele Fehler gemacht: Sie hat sich einen Law-and-Order-Wahlkampf einreden lassen; sie besetzte alle Posten mit ÖAABlern und vernachlässigte auf fahrlässige Weise das Einmaleins für ÖVP-Entscheider, die bündische Logik; und sie ist thematisch nie wirklich in Wien angekommen. Der damalige ÖVP-Obmann Josef Pröll hatte sie in die Landespartei regelrecht abkommandiert, bei ihm kann sich Marek nun dafür bedanken, dass ihre politische Karriere zu Ende sein dürfte.

Die Wiener VP ist ein zerstrittener Haufen von Egomanen, deren liebster Zeitvertreib das Abmontieren von Parteichefs ist. Solange sich die Bundes-ÖVP nicht dazu durchringen kann, die Stadtschwarzen von Grund auf zu erneuern, bleibt deren Chefsessel für jeden ein Schleudersitz. (DER STANDARD; Printausgabe, 10./11.9.2011)