Wien - Mit einem Plakat lösten die Wiener Performancekünstler "Dolce" Djana Covic und "Afghaner" Fahim Amir im Sommer Empörung bei einem Boulevardblatt aus. Ihr bisheriges Werk hat ihnen nun den "H13 Niederösterreich"-Preis für Performance eingebracht. Im Kunstraum Niederösterreich bedankten sie sich dafür mit der Aufführung ihrer jüngsten Arbeit We came here all broken hearted, wanted to shit, but only arted.
Auf dem vergangenen Juli im Rahmen des Wuk-Festivals Jacuzzi verteilten Plakat steht "Dolce & Afghaner say Hamam statt Daham". Zu sehen ist ein Tableau vivant vor einer zur Attrappe komprimierten Karlskirche am Rand des Karlsplatz-Bassins. Einer Frau wird das Knie gewaschen und zwei andere, die an vermummte Special-Force-Männer erinnern, pinkeln ins Wasser respektive symbolisch in den Helm eines Kreuzritters. Darunter kleingedruckt ein Text, in dem unter anderem die rot-weiß-rote Fahne als muslimfeindliches und blutzelebrierendes Relikt des Dritten Kreuzzugs kritisiert wird.
Ein U-Bahn-Gratisblatt brauchte zwei Wochen, bis es entdeckte: "Kunst? Provokation? Oder einfach nur eine völlig geschmacklose Grauslichkeit?" Zwei Tage später meldete ein österreichischer Politiker, dessen Cartoon-Selbstdarstellung auch immer wieder historische Bezüge erkennen lässt, in seiner Facebook-Präsenz: "ein ungustiöses Plakat". Richtig ungustiös wurden dann viele Postings darunter: "Aufhängen" und "ertränken" sollte man solche Künstler unter anderem.
Am Tag der Performance distanzierte sich der Politiker von "Userbeiträgen, welche zu Hass oder Gewalt aufrufen oder totalitäre Gedanken verbreiten". Einige Einträge wurden gelöscht. Einer, in dem "diese art von künstlern als ,untermenschen'" bezeichnet werden, zum Beispiel nicht. Zu den Facebook-Freunden seines Autors zählt auch die FP-Funktionärin Barbara Rosenkranz.
We came here all broken hearted, wanted to shit, but only arted begann mit einer als Demonstration angemeldeten und daher von einer Gruppe von Polizisten eskortierten Ansprache von dem Tor des Kunstraums: eine Brandrede gegen Kunst als Dekoration der Macht, gegen Pseudopatriotismus und "die Gosse des Boulevards". Danach wurde ein Flugblatt zum Gedenken an Frauen im Widerstand gegen Faschismus und Nationalsozialismus verteilt.
Covic sang, auf einem Trapez schwebend, in Abwandlung eines Christina-Aguilera-Songs "We hate beautiful". Eine Wand mit Klosprüchen ("Die besten Sklaven sind die, die sich selber halten") und ein Rap-Performance-Konzert rundeten das Programm ab. "Anstößiges" gab es nicht zu sehen. So haben es Dolce & Afghaner vermieden, mit dem eigenen Plakat in Konkurrenz zu treten.
(Helmut Ploebst/DER STANDARD, Printausgabe, 12. 9. 2011)