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Freundliche Gesten, unveränderte Differenzen: Dmitri Medwedew (li.) und David Cameron am Montag im Kreml.

Foto: dapd/Sekretarew

Der Ton ist freundlicher, die Positionen sind jedoch unverändert. "Wir suchen den Dialog" , kündigte der britische Premierminister David Cameron vor seinem Treffen mit Kreml-Chef Dmitri Medwedew an. Den bis dato letzten offiziellen Besuch eines britischen Regierungschefs in Moskau hatte 2006 Tony Blair absolviert. Danach verschlechterten sich die Beziehungen.

Grund der Verstimmungen ist in erster Linie der unaufgeklärte Poloniummord am früheren KGB-Agent Alexander Litwinenko 2006 in London. Die britischen Ermittler vermuten den Ex-KGB-Agenten Andrej Lugowoj hinter dem Verbrechen und fordern von Russland dessen Auslieferung.

Auch nach dem Gespräch zwischen Cameron und Medwedew ist die Situation festgefahren. "Der Fall Litwineko bleibt ein Problem zwischen Russland und Großbritannien. Wir haben unsere Position in dieser Frage nicht geändert und Russland auch nicht" , sagte Cameron am Montag nach dem Treffen. Der russische Präsident betonte, dass es niemals zu einer Auslieferung Lugowojs kommen werde, da dies die russische Verfassung verbiete.

Meinungsunterschiede wurden auch in der Beurteilung der Lage in Syrien offenkundig. Medwedew lehnt weiterhin "automatische Sanktionen" ab, während sich Cameron für eine härte Gangart gegen das Regime von Bashar al-Assad aussprach.

Die politischen Differenzen haben nach Meinung der beiden Politiker aber keine Auswirkungen auf die prosperierenden Wirtschaftsbeziehungen. Die britischen Exporte nach Russland seien heuer bereits um 60 Prozent gewachsen. Cameron wurde von einer 24-köpfigen Wirtschaftsdelegation, darunter die Chefs der Energiekonzerne BP und Shell sowie von Rolls-Royce, begleitet. Abkommen in Höhe von rund 230 Millionen Euro wurden unterzeichnet.

Die Wirtschaftsbeziehungen verliefen zuletzt aber nicht friktionsfrei. Ein geplanter Milliardendeal zwischen dem russischen Ölkonzern Rosneft und BP scheiterte am Widerstand russischer Oligarchen. Ein Rechtsstreit ist die Folge.

Der Annäherungskurs des britischen Premiers an Moskau ist in Großbritannien nicht unumstritten. In einem in der Sunday Times veröffentlichten Brief forderten vier frühere Außenminister von Cameron, Menschenrechtsverletzungen, die politisch motivierte Haftstrafe für Ex-Yukos-Chef Michail Chodorkowski und dessen Geschäftspartner Platon Lebedew sowie den Tod des Anwaltes Sergej Magnitskij in der Untersuchungshaft aufzugreifen. "Diese Themen müssen angesprochen werden, bevor das Geschäft wirklich florieren kann", schrieben Malcolm Rifkind, David Miliband, Margaret Beckett und Jack Straw. (Verena Diethelm aus Moskau/DER STANDARD, Printausgabe, 13.9.2011)