Bild nicht mehr verfügbar.
Pflichtgemäß abgefragt: Marcy Borders bei Günther Jauch.
Gleich vorneweg: Der Fernseher steht noch. Er wurde am Sonntagabend, als Günther Jauch um 21.45 Uhr zum ersten Mal seine gleichnamige Talkrunde in der ARD eröffnete, nicht durch eine televisionäre Revolution vom Kastl gefegt.
Zehn Jahre 9/11, dieses Thema hatte sich Jauch für seine Premiere ausgesucht. Eine undankbare und dankbare Aufgabe zugleich. Undankbar, weil am Abend des 11. September 2011 jeder halbwegs Interessierte schon recht satt vom Zehn-Jahr-Gedenken der vergangenen Tage war. Dankbar, weil man bei einem solchen Thema eigentlich nicht viel falsch machen kann, nur die Leute reden lassen muss.
Nur leider: Genau das ließ Jauch in den ersten 30 Minuten nicht zu. Ein Filmchen jagte den nächsten Einspieler, man wähnte sich bei Stern TV, das Jauch jahrelang bei RTL moderiert hat, zumal sich der sichtlich nervöse Moderator unlocker an seine Moderatoren-Kärtchen klammerte.
Eine Diskussion kam nicht in Gang, nicht einmal als Jauch eine Art Joker präsentierte: Marcy Borders, die als in den Trümmern des World Trade Centers herumirrende "Staubfrau" zum Symbol für das Leiden der Amerikaner wurde. Der Angriff, ihre Panik, Drogensucht samt Bewältigung, die "Staubfrau" hätte einiges zu erzählen gehabt, doch Jauch fragte sie bloß pflichtgemäß ab.
Dass die USA durch 9/11 einen "Schock" erlitten, wie der als Amerika-Versteher geladene Fußballtrainer Jürgen Klinsmann erklärte, war auch nicht ganz neu. So ging es dahin, ohne Richtung, ohne Ziel mit bekannten Positionen. Hauptsache, wir haben darüber geredet. Es muss keine Revolution sein, aber nächsten Sonntag würde man gern mehr Joker sehen. (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 13.9.2011)