Wien - Die Affäre um die Vergabe des Blaulichtfunks wird immer dubioser - und vor allem sehr teuer. Alleine heuer fallen 17 Mio. Euro an Bundeszahlungen an, im Vollausbau muss der Staat 25 Jahre lang jährlich 40 Mio. Euro an das Betreiberkonsortium Tetron zahlen, hieß es aus dem Innenministerium. Macht nur für das Vierteljahrhundert ab Vollausbau eine Milliarde Euro. Dazu kommen die bereits angefallenen Kosten und die bereits getätigten sowie weitere Zahlungen der Länder für die Standorte und Digitalfunkgeräte. Verantwortlich für die Vertragsauflösung und die Neuvergabe war der damalige Innenminister Ernst Strasser.

Dabei ist nicht einmal klar, wer in dem Tetron-Konsortium sitzt - also an wen Staat und Länder zahlen. Denn laut einer gemeinsamen Aussendung von Telekom Austria, Motorola und Alcatel aus dem Jahr 2004, in der sich diese Unternehmen über den Zuschlag des Innenministeriums freuen, besteht das Anbieter-Konsortium eben aus diesen drei Konzernen. Laut Innenministerium von heute ist aber die Telekom nur ein Subunternehmer.

Ebenso dubios ist die damalige Vertragsauflösung mit dem ursprünglich siegreichen Konsortium Mastertalk (Siemens, Verbund, Wr. Stadtwerke, RZB). Laut Innenministerium von heute hat Mastertalk damals den Vertrag aufgelöst. Laut Aussendung des Innenministeriums im Juni 2003, also zum Zeitpunkt der Auflösung, hat aber das Ministerium die Zusammenarbeit beendet. Nun wird dieser Widerspruch so erklärt, das Innenministerium habe den damals von Mastertalk gekündigten Vertrag noch einmal gekündigt.

30 Millionen für einen Vergleich

Weiterhin völlig unklar ist auch, warum die Republik nach der Vertragsauflösung an Mastertalk fast 30 Mio. Euro in einem Vergleich gezahlt hat und damals Stillschweigen über die Zahlung vereinbart hatte. Unterzeichnet wurde der Vertrag mit Mastertalk von Strasser, der auch für die Auflösung und die umstrittene Neuvergabe verantwortlich war. Aus dem Innenministerium hieß es heute einmal mehr, das System von Mastertalk habe "überhaupt nicht funktioniert", die Projektfinanzierung "war nicht gegeben". Das ist insofern überraschend, als doch im Mastertalk-Konsortium auch die Raiffeisen Zentralbank vertreten war und laut Bankchef Walter Rothensteiner schon 10 Mio. Euro investiert hatte. Warum Mastertalk nicht auf Schadenersatz geklagt wurde, obwohl laut Innenministerium nicht einmal die Projektverantwortlichen von Mastertalk rechtzeitig genannt wurden, wurde heute damit begründet, dass damals ein Gesamtvergleich getroffen wurde.

Dass es zu Schmiergeldzahlungen von Seiten der Telekom und Motorola via den Waffenlobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly gekommen sein könnte, wie von der Justiz in Österreich und den USA derzeit geprüft wird, können sich die Projektverantwortlichen des Innenministeriums, des Beraters PwC und des beratenden Vergabeanwalts nicht vorstellen. Dies sei rein technisch nicht möglich gewesen, weil sämtliche Angebote verschlossen bei einem Notar hinterlegt worden seien. Mensdorff-Pouilly hatte Vorwürfe, die 1,1 Mio. Euro der Telekom und die 2,6 Mio. Euro von Motorola seien Schmiergeld gewesen, zurückgewiesen.

Das Innenministerium betont, dass durch die Neuvergabe die Kosten um rund 15 Prozent gesunken seien - allerdings waren die genauen Kosten, die mit der Beauftragung von Mastertalk verbunden gewesen wären, gar nicht bekannt, wurde auf Nachfrage eingeräumt. Unklar ist, wie hoch die Gesamtkosten für Bund und Land nun sind. Derzeit sind nur die Bundesländer Wien, Tirol und Niederösterreich komplett ausgebaut, was einer Abdeckung von 58 Prozent des Bundesgebiets entspreche. Daraus ergeben sich gewisse Probleme: So müssen die Vorarlberger Einsatzkräfte, die im eigenen Bundesland den Digitalfunk nicht nutzen, bei Einsätzen im Grenzgebiet zu Tirol zwei Funkgeräte mitführen - Digital und Analog - um sowohl untereinander als auch mit den Tirolern kommunizieren zu können. Überraschend sind auch geographische Erkenntnisse des Innenministeriums: Die Kostenexplosion beim Netzaufbau in Niederösterreich wurde unter anderem damit begründet, dass es dort eben auch viele Hügel gebe, was mehr Funkstandorte als ursprünglich geplant erforderlich machte. Im gebirgigen Tirol hingegen war man von der Topographie nicht überrascht, hier blieb man mit 12,5 Mio. Euro Erstinvestitionskosten im erwarteten Rahmen.

Solange der Vollausbau nicht begonnen wurde, kann sich Tetron zurücklehnen, denn die 25-jährige Vertragslaufzeit mit Gebühren über insgesamt eine Milliarde Euro beginnt erst mit Zeitpunkt des Vollbetriebs zu laufen. Dass dies Mehrkosten verursacht bestreitet das Innenministerium. (APA)