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Athen ist auf dem bestem Wege, die nächsten Rettungsmilliarden aus einer Sondersteuer auf Immobilienbesitz zu erhalten.

Foto: Reuters/John Kolesidis

Berlin - Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel widerspricht in der Schuldenkrise Vizekanzler Philipp Rösler. Eine unkontrollierte Zahlungsunfähigkeit Griechenlands müsse um jeden Preis verhindert werden, sagte Merkel. Denn die Gefahr eines Übergreifens auf andere Länder sei sehr groß. "Und deshalb sollte jeder auch seine Worte sehr vorsichtig wägen", sagte die Kanzlerin. "Was wir nicht brauchen können ist Unruhe auf den Finanzmärkten. Die Unsicherheiten sind schon groß genug."

"Keine Denkverbote"

FDP-Chef Rösler hatte am Montag betont, es dürfe bei Griechenland keine Denkverbote mehr geben, weshalb im Falle Griechenlands auch an eine Staatspleite gedacht werden müsse. "Denkverbote gibt es grundsätzlich nicht in der Politik", betonte auch die CDU-Vorsitzende. "Aber wir sind eine Bundesregierung, und wir müssen natürlich, wie ich es schon sagte, alle Prozesse, die wir gestalten möchten, auch beherrschen können."

Die geordnete Insolvenz eines Euro-Landes sei erst 2013 möglich, sagte Merkel. Gerade weil es derzeit kein geordnetes Verfahren für einen Staatsbankrott gebe, habe man die Gründung des dauerhaften Euro-Rettungsmechanismus ESM beschlossen. Erst dann würden Anleihen ausgegeben, die eine geordnete Insolvenz erlaubten. "Das gilt aber erst ab 2013", betonte die Kanzlerin. Ausdrücklich erwähnte sie den vorläufigen Rettungsschirm EFSF nicht. Zuletzt war spekuliert worden, dass eine griechische Pleite zumindest so lange hinausgezögert werden sollte, bis der EFSF ab Oktober zur Verfügung steht. Dieser könnte dann, so die Befürworter eines griechischen Schuldenschnitts, angeschlagene Banken und Euro-Staaten unter die Arme zu greifen, um eine Ansteckung zu vermeiden.

Merkel mahnte Griechenland zugleich energisch, seine Hausaufgaben zu machen, verwies aber auf Fortschritte in dem Mittelmeerland. "Alles, was ich aus Griechenland höre, ist, dass die griechische Regierung doch die Zeichen der Zeit erkannt hat und jetzt die Dinge macht, die auf der Tagesordnung stehen." Auch die Tatsache, dass die Kontrolleure von EU-Kommission, EZB und IWF nach Athen zurückgekehrt seien zeige, "dass Griechenland auch einige Dinge auf die Reihe gebracht hat, die notwendig sind". Die Tonlage der Kanzlerin unterscheidet sich damit deutlich von den Koalitionspartnern FDP und CSU. Deren Vorsitzenden Rösler und Horst Seehofer (CSU) hatten in den vergangenen Tagen im Bezug auf Griechenland vor allem die Möglichkeit eines Austritts aus der Euro-Zone und einer Insolvenz ins Spiel gebracht.

Furcht vor Domino-Effekten

Eine Verkleinerung der Euro-Zone schloss die Kanzlerin erneut klar aus. Es müsse alles getan werden, den Euroraum politisch zusammenzuhalten, "weil wir sehr schnell zu Domino-Effekten kommen würden".

Die CDU-Vorsitzende erwartet zudem, dass die schwarz-gelbe Regierung bei der Abstimmung über den EFSF am 29. September auch eine Kanzlermehrheit im Deutschen Bundestag haben werde. Die Koalition werde immer mehr Stimmen haben als die Opposition, betonte Merkel. "Das bedeutet im Übrigen, wenn alle Oppositionsabgeordneten da sind, dass es dann die Mehrheit sein muss, die man gewöhnlich Kanzlermehrheit nennt."

Sondersteuer soll Griechenland retten

Griechenland wird nach Informationen des "Wall Street Journal" die dringend benötigte nächste Milliarden-Tranche aus dem Rettungspaket voraussichtlich erhalten. Hintergrund sei die Einführung einer neuen Sondersteuer durch die Regierung in Athen, wie das Blatt am Montag auf seiner Internetseite unter Berufung auf zwei hochrangige Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds (IWF) berichtete.

Allerdings sei dies die letzte Chance für Griechenland, die Forderungen der internationalen Finanz-Kontrolleure von IWF, EU und Europäischer Zentralbank ("Troika") zu erfüllen. Ohne die Tranche in Höhe von acht Milliarden Euro wäre das Land pleite.

Spekulationen über eine bevorstehende Pleite Griechenlands oder einen Austritt aus der Eurozone erteilten die IWF-Mitarbeiter dem Bericht zufolge eine Absage. Gleichwohl sei Griechenland nach wie vor das größte Problemland im Währungsraum. Es sei entscheidend, dass Athen nun Wort halte und die öffentliche Verwaltung verschlanke sowie die Steuerhinterziehung bekämpfe.

An den Aktienmärkten machte sich Händlern zufolge die Nachricht von der offenbar bevorstehenden Auszahlung sofort bemerkbar: So grenzte der deutsche Leitindex Dax am Nachmittag seine herben Verluste zwischenzeitlich wieder ein. Zunehmende Sorgen um die Stabilität der Eurozone hatten den wichtigsten deutschen Aktienindex zuvor erstmals seit dem 17. Juli 2009 wieder unter die 5000-Punkte-Marke gedrückt. (APA/Reuters)