Muammar Gaddafi ist aus Tripolis geflohen, überall in der Stadt weht die alte Königsflagge. Doch obwohl die Kampfhandlungen beendet sind, werden immer noch Menschen mit Schussverletzungen in das Zentralspital der libyschen Hauptstadt eingeliefert.
Bis zu zehn Patienten am Tag, berichtet Dr. Rajab al-Osta laut "Christian Science Monitor", kommen in die Klinik, weil sie von herabfallenden Geschoßen getroffen wurden, die feiernde Rebellen abgefeuert haben. Viele Getroffene erliegen ihren Verletzungen.
Wenn man von herabfallender Munition getroffen wird, führt dies mit großer Wahrscheinlichkeit zu tödlichen Kopfverletzungen: eine Studie des Martin Luther King/Drew Medical Centers in Los Angeles belegt, dass normale Schussverletzungen in zwei bis sechs Prozent der Fälle tödlich sind – bei Verletzungen durch herabfallende Kugeln stirbt ein Drittel der Opfer.
Der Übergangsrat der Aufständischen rief am 5. September per Massen-SMS auf, Freudenschüsse "innerhalb des Stadtgebietes zu unterlassen". Langfristig hat man vor, Zivilisten zu entwaffnen oder in die neue libysche Armee einzugliedern.
Auch in anderen Ländern ist man sich des Problems bewusst: die Stadtverwaltung von Los Angeles wie die US-Bundesstaaten hat Freudenschüsse 1989 verboten und später auch noch den Verkauf von Munition in den Tagen vor Silvester untersagt, und in Serbien, Montenegro und Mazedonien organisierte das International Action Network on Small Arms eine Kampagne gegen Luftschüsse. (bed/derStandard.at, 13.9.2011)