Das ist gesund" bekamen Grund- und Förderschüler beim Präventionsprogramm „Gesund in die Zukunft" nicht zu hören. Vielmehr war es das Ziel der Ärzte, Sport- und Ernährungswissenschaftler des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg, Kindern spielerisch eine sinnvolle Ernährung näher zu bringen und Spaß an der Bewegung zu fördern. Die Auswertung hat nun gezeigt: Das bisher einmalige, sechsmonatige Programm beugt Übergewicht bei den Schülern nachhaltig vor. Zwei Jahre nach Abschluss sind in der Projektgruppe deutlich weniger Kinder übergewichtig als in der Kontrollgruppe, die nicht am Programm teilgenommen hat. Die Dietmar Hopp Stiftung hat das Projekt mit einer Förderung von 640.000 Euro möglich gemacht.

„Es war uns wichtig, ein Konzept zu entwickeln, das ohne großen Aufwand an den Schulen etabliert werden kann", erklärt Projektleiterin und Ernährungswissenschaftlerin Silke Lichtenstein. Daher nutzte das Team vorzugsweise vorhandene Ressourcen, z.B. Ideen und Lehrmaterialien, die der AID Informationsdienst für Ernährung oder der Hessische Sportbund zur Verfügung stellen. Daraus wurden verschiedene Lehreinheiten erarbeitet, ein Grundgerüst mit Gestaltungsmöglichkeiten für die Lehrer vor Ort. „Diese Mischung macht unser Präventionsprogramm nachhaltig: einfach und flexibel zu handhaben, immer wieder verwendbar und günstig", so Lichtenstein.

Spielerische Beschäftigung mit dem Thema „Ernährung"

Das Programm beinhaltet eine Ernährungseinheit pro Monat, die in den Unterricht integriert wird, anderthalb Stunden Bewegungstraining pro Woche, die außerhalb des Unterrichts beliebig aufgeteilt werden können, sowie einen thematischen Elternabend pro Monat. Die Kinder näherten sich dem Thema „Ernährung" mit Liedern, Spielen, Verkostungen und Bastelaktionen. Darüber hinaus schulten Bewegungsspiele Körperwahrnehmung und Geschicklichkeit. Die Eltern erhielten Informationen und praktische Tipps unter anderem zu Bio-Lebensmitteln, Bewegung, Esskultur, Gesundheit oder Sinn und Unsinn von Nahrungsergänzungsmitteln.

An der Studie nahmen 444 Erst- und Zweitklässler aus insgesamt neun Grundschulen im Rhein-Neckar-Kreis teil. Zu Beginn erfassten die Kinderärzte des Universitätsklinikums Gewicht, Größe, Blutdruck, Taillen- und Hüftumfang der Kinder. Die Schüler wurden zufällig und klassenweise in zwei Gruppen eingeteilt: 249 Kinder durchliefen in ihrer Klasse das Präventionsprogramm, die übrigen 195 Schüler bildeten die Vergleichsgruppe, die nur an den Folgeuntersuchungen nach einem und nach zwei Jahren teilnahmen.

Grundschulalter ist eine kritische Phase

Zu Beginn des Programms waren insgesamt 64 Kinder im Alter zwischen sieben und acht Jahren übergewichtig. „Gerade das Grundschulalter ist eine kritische Phase für späteres Übergewicht und Adipositas", erklärt Jürgen Grulich-Henn, Oberarzt am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin und Leiter der Studiengruppe. „In dieser Zeit entscheidet sich häufig, wer später unter Gewichtsproblemen leidet." Wichtig ist neben einer kindgerechten Ernährung ausreichend Bewegung: „Ein- oder zweimal in der Woche Sport gleicht die bewegungsfreie Zeit in der Schule oder vor dem Fernseher nicht aus, wenn diese überwiegt", ergänzt Silke Lichtenstein. „Empfohlen ist eine halbe Stunde Sport pro Tag".

Die Anregung zu mehr Bewegung und bedarfsgerechten Essgewohnheiten zeigte Wirkung: Im Verlauf von zwei Jahren sank der Anteil übergewichtiger Kinder in der Projektgruppe von rund 18 auf 13 Prozent signifikant ab, während er in der Kontrollgruppe anstieg. „Damit haben wir erstmals wissenschaftlich belegt, dass ein schulbasiertes Präventionsprogramm bei Grundschülern das Risiko, Übergewicht zu entwickeln, anhaltend senkt", sagt Grulich-Henn. Die Ergebnisse werden vermutlich mittelfristig Auswirkungen auf die Gestaltung von Unterrichtsplänen an Grundschulen haben.

Gleichzeitig entwickelte das Team des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin das Programm „Gesund in die Zukunft - plus" für Schüler der fünften Klassen in Förderschulen - das erste Programm zur Prävention von Übergewicht für diese Schulart. Das Pilotprojekt mit 16 Schülern verlief sehr erfolgreich: „Besonders eindrucksvoll war das außergewöhnlich motivierte und engagierte Arbeitsklima bei Lehrern und Schülern", so Lichtenstein. Das Konzept gleicht dem Programm für Grundschulen, berücksichtigt allerdings die besonderen Bedürfnisse von Förderschülern. Die Ergebnisse der Studie wurden in der jüngsten Ausgabe der Monatsschrift Kinderheilkunde, dem Organ der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, veröffentlicht. (red)