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Pro Material-Revolution: Raich und Schild.

Foto: Reuters/Bader

Wien - "Er ist pflegeleicht und geduldig. Er ist ein guter Patient." Sagt Marlies Schild (30) über ihren Lebensgefährten Benjamin Raich (33) und meint damit nicht das Zusammenleben, sondern die Rekonvaleszenz. "Bei mir war das unproblematisch. Ich bin gut damit zurechtgekommen. In dieser Beziehung will ich mich nicht mit Marlies vergleichen." Sagt Raich.

Abgesehen davon, dass der Tiroler und die Salzburgerin am Dienstag in Wien waren, auf dass die Öffentlichkeit von der Vertragsverlängerung mit Sponsor Uniqa erfahre, plauderte man mit dem erfolgreichsten Paar der internationalen Skifahrt über persönliche Befindlichkeiten und das seit Jahren vieldiskutierte Arbeitsgerät, den Ski. Raich war ja im Februar bei der WM in Garmisch-Partenkirchen die erste schwere Verletzung seiner Karriere passiert, ein Kreuzbandriss, von dem er sich gut erholt hat. "Ich habe wieder von vorne angefangen", erzählt er nach 15 Skitagen seit Mitte August. "So kann ich vielleicht Fehler ausmerzen, die sich im Laufe der Jahre eingeschlichen haben. Das ist das Gute an der Verletzung."

Schilds Verletzungen füllen quasi Bände. Mit 19 hatte sie bereits fünf Knieoperationen hinter sich, das bisher letzte Malheur passierte im Oktober 2008, Trümmerbruch im Unterschenkel und Bruch des Schienbeinkopfes. Das hinderte Schild nicht daran, in Garmisch WM-Gold im Slalom zu gewinnen und die Saison wieder einmal als Slalomweltcupsiegerin zu beenden. "Von Marlies hab ich gelernt, in die Zukunft zu schauen", konstatiert Raich, ebenfalls hochdekoriert, Olympiasieger, Weltmeister, Weltcupsieger. "Die Ziele gehen nie aus", sagt Schild.

Revolution, Kommunikation

Noch ehe die heurige Saison im Oktober mit den Riesenslaloms in Sölden anhebt, wird das Material für den übernächsten Winter besprochen. Das ist nicht verfrüht, weil die Industrie die Rennskier produzieren muss, ehe sie bis zur Kleinserienreife getestet werden. Der Vorschlag des internationalen Skiverbandes Fis, aufgrund der Unfallstudien der Unis Salzburg und Oslo die Riesenslalom-Ski von 1,85 auf 1,95 Meter zu verlängern und die Radien zu vergrößern, hatte für Aufregung gesorgt. Fast 200 Sportler unterschrieben ein von Athletensprecher Kilian Albrecht entworfenes Protestschreiben gegen die Material-Revolution. Darin aber wurde vor allem die Kommunikation zwischen Verband und Sportlern kritisiert.

"Ich habe es durchgelesen und nicht unterschrieben", sagt Raich, der den Vorschlag der Fis als Schritt in die richtige Richtung sieht, dem Material die Aggressivität zu nehmen. Und er befürchtet nicht, dass der Sport in die Vor-Carving-Ära zurückgeworfen wird und an Attraktivität verliert. "Ans Limit 1,85 geht auch jetzt keiner, viele fahren 1,94, da ist die Umstellung nicht groß." Der Schweizer Nachwuchsläufer Justin Murisier testete einen Prototyp des neuen Ski, und Raich stellt nach Videostudium fest: "Schaut gut aus, für das Publikum wird sich nichts ändern." (DER STANDARD PRINTAUSGABE 14.9. 2011)