Wien - Die Suche nach einem neuen Parteiobmann dauert in der ÖVP vermutlich noch etwas länger - dringender ist die Entscheidung in Sachen Klubobmann. Sie steht am Mittwoch in der Klub-Vollversammlung auf dem Programm. Der Parteivorstand nominierte am Freitagabend den Gemeinderat und Bundes-Handelsobmann Fritz Aichinger für das Amt. Der langjährige Mandatar dürfte im Klub die nötige Mehrheit erhalten, die Frage ist jedoch, wie eindeutig sie ausfällt. Denn es gibt auch zum Teil heftige Kritik - vor allem an der Vorgangsweise.

Ein Klubmitglied hat bereits die Konsequenz gezogen. Der VP-Abgeordnete Wolfgang Aigner trat aus dem Klub aus, er wird künftig wilder Abgeordneter sein. Als Gründe für diese Entscheidung nannte er gegenüber der "Presse" unter anderem die mangelnde Kommunikation der Parteispitze mit den Abgeordneten. Der designierte Klubchef Aichinger hofft nun, Aigner zur Rückkehr zu bewegen.

"Ich möchte das Gespräch suchen", betonte Aichinger am Dienstag. Ein solches wird es wohl geben: "Ich bin kein Gesprächsverweigerer", erklärte Aigner heute dazu gegenüber der APA - wobei er gleichzeitig klarmachte, dass er die Entscheidung wohl nicht zurücknehmen wird: "Es zeigt ja schon, wie schlecht es um die Gesprächskultur bestellt ist, wenn man erst jetzt mit mir reden will."

"Hinterzimmerromantik"

Er habe die "Hinterzimmerromantik" satt, beklagte sich Aigner über die Vorgehensweise des Parteivorstandes. Binnen drei Stunden sei am Freitag alles entschieden, alles "zugepflastert" worden: "Damit hat man der Partei keinen guten Dienst erwiesen." Dabei sei etwa die Ernennung des Klubchefs nicht Sache des Vorstandes, sondern eben jene des Klubs.

Aigner zweifelt auch, dass Fritz Aichinger als Klubobmann die richtige Wahl ist. "Ich mag ihn persönlich, aber er ist ein Großkoalitionär." Man könne nicht den Grünen vorwerfen, dass sie sich von der SPÖ vereinnahmen lassen und dann selbst über gemeinsame Projekte mit der Stadtregierung nachdenken: "Das ist ja Wählerverrat."

Anzeichen dafür, dass weitere Mandatare abspringen könnten, gibt es vorerst nicht. Unzufrieden sind dem Vernehmen nach aber auch andere - die ebenfalls beklagen, dass nicht wirklich mit dem Klub geredet wurde bzw. wird. Denn auch die Kommunikation im Vorfeld der morgigen Sitzung wird von manchen als mangelhaft eingestuft, war am Dienstag zu hören.

Die künftige Rathaus-Spitze der Stadt-Schwarzen hielt sich mit offiziellen Stellungnahmen heute zurück. Der designierte Klubchef Fritz Aichinger bekräftigte lediglich sein Gesprächsangebot an Aigner. Weitere Auskünfte gegenüber den Medien wollte er erst nach der morgigen Sitzung machen. Was auch für den künftigen nicht amtsführenden Stadtrat Manfred Juraczka gilt, der sich zu seinen Plänen und Schwerpunkten ebenfalls noch nicht äußern wollte.

Er verteidigte im Gespräch mit der APA aber jedenfalls die Vorgehensweise des Vorstandes: "Die Entscheidungen (in Sachen Klubchef und Stadtrat, Anm.) waren nötig, um handlungsfähig zu bleiben." Nicht definitiv fixiert wurde bei der Sitzung bekanntlich die Frage nach dem Parteivorsitz. Die VP-Nationalratsabgeordnete und stellvertretende Wiener Parteichefin Gabriele Tamandl wird die Partei nur interimistisch führen.

Nach der Zusammenkunft kursierten Gerüchte, dass der ÖAAB zunächst Manfred Juraczka zum neuen Obmann küren wollte, im Vorstand damit aber nicht durchgekommen ist. Er selbst wollte dazu heute nichts sagen - auch nicht dazu, ob er vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung stehen würde. "Ich bin als Stadtrat sicher voll ausgelastet", zeigte sich Juraczka überzeugt.

Wer die zurückgetretene Parteichefin Christine Marek beerben könnte, ist völlig offen. Und Kritik kommt unterdessen auch aus den Bezirken. So fordert etwa City-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel in Interviews eine Neuaufstellung der Partei. (APA)