"Ich war zu hundert Prozent der Klassenkasperl." Das Geständnis von Kabarettist und Schauspieler Werner Brix überrascht nicht wirklich. Es war auch häufig ein Grund, warum er in der Ecke stehen musste. "Das Herumblödeln und Leute zum Lachen bringen lag immer schon in mir. Das hat sich vom Ministrieren bis zum Unterricht durchgezogen."
Seine Schulzeit hat er als gewöhnlich in Erinnerung. Volksschule und vier Jahre Gymnasium besuchte er in Klosterneuburg, bevor er dann an die Höhere Technische Lehranstalt (HTL) für Nachrichtentechnik in Wien wechselte.
"Keine Schande Klasse zu wiederholen"
Anfangs war er ein guter Schüler, mit der Pubertät habe sich das dann dramatisch geändert - bis hin zu einer "Zugabe in Chemie". Der heute 45-Jährige habe "katastrophale Angst" gehabt und wegen des ständigen Lernstresses "Schule gestangelt". Sich selbst bezeichnet Brix als "unglaublichen Freigeist", der sich nur sehr schwer an Strukturen anpasst. Das enorme Lernpensum sei ein Grund, warum er seinen Kindern von einer HTL abraten würde. "Für ein Kind ist eine Vierzig-Stunden-Woche nicht gut." Ihnen würde er raten, lieber ein zusätzliches Jahr in Kauf zu nehmen und stattdessen die gleiche Ausbildung auf einem Kolleg nach der Matura zu machen. Da habe man Zeit, sich wirklich auf die Sache zu konzentrieren.
War er nach der Ehrenrunde ein besserer Schüler? "Jein. Natürlich hat das eine Zeitlang angehalten. Ein bisserl eine Blamage war das für mich schon und ich wollte es besser machen." Er habe jedes Schuljahr mit besten Vorsätzen begonnen, die dann "eher zur Fortsetzung" seines bisherigen Lernaufwandes wurden, fügt er mit einem Schmunzeln hinzu.
Trotzdem sei es keine Schande, eine Klasse zu wiederholen, meint Brix. Man dürfe Kindern das nicht als katastrophal darstellen. "Wer sagt denn, dass unsere Ausbildung nach einem Kalender stattfinden muss?" Vieles könne sich auch nach der inneren Bereitschaft des Kindes richten.
Für ihn hing die Begeisterung für ein Fach stark mit den Lehrern zusammen. Am meisten haben ihm praxisbezogene Fächer gefallen oder wenn er im Labor elektrische Schaltkreise gebaut hat. "Das war für mich als jungen Buam cool." Trotzdem spielt der Lehrer eine wichtige Rolle, durch ihn entstehe der persönliche Bezug. "Das ist wie bei einem Wirtshaus", meint Brix , "das kann nur so gut sein, wie sein Wirt ist. Was der ausstrahlt, da geh ich gerne hin oder eben nicht." Ein Lehrer müsse immer einen Schmäh haben, so der Kabarettist. Das sei wie ein Dogma. Er müsse irgendetwas haben, womit er sein Publikum - die Schüler - packt. "Wir dürfen aber Lehrer nicht überschätzen. Lehrer sind auch nur Menschen mit persönlichen Problemen."
Klassenbucheintragung wegen Gitarre spielen im Kasten
Mit 17 wollte Brix die Schule abbrechen, eine Lehre machen und "eigenes Geld verdienen". Sein damaliger Klassenvorstand habe ihn mit den Worten "du bist ein intelligenter Bursch, mach weiter" davon abgehalten. "Alleine das von meinem Klassenvorstand zu hören, diese Bestätigung zu erhalten, hat mich wahnsinnig motiviert. Man hat mir damit signalisiert, man hält etwas von mir." Deswegen ist der Kabarettist auch ein Freund verbaler Beurteilungen und keiner von "deppaten Noten".
Bei der Frage nach Klassenbucheintragungen lacht Werner Brix laut auf und zitiert: "Werner sitzt im Kasten und spielt während der Unterrichtszeit Gitarre." Bis heute kann er sich daran erfreuen und versteht die Aufregung seines damaligen Religionslehrer - "ein völlig humorloser Mensch"- nicht. "Ich finde das ja lustig, wenn ich unterrichte und plötzlich kommt aus dem Kasten Musik heraus", sagt Brix rückblickend.
Eltern in Schulen mehr einbinden
Besagter Lehrer und sein Klassenvorstand sahen das aber anders und luden den Vater zum Gespräch. Eine Drohgebärde der beiden Lehrer, dem Vater war die Schule aber "wurscht". "Er hat nachher zu mir gesagt: "Du musst die Lehrer bluffen und hinter ihrem Rücken Schmäh führen".
Heute selbst Vater von drei Kindern, hat er verschiedene Schultypen kennengelernt. Er findet es gut, wenn sich Eltern im Schulalltag engagieren müssen wie bei Waldorf-Schulen. Weder Eltern noch Lehrer dürfen Verantwortung abschieben. Es sei zwar anstrengend für die Eltern, wenn sie ständig in die Schule gehen und "aktiv am Schulleben" teilnehmen müssen, aber auch ein Vorteil für alle Beteiligten. So seien Eltern und Lehrer stärker verbunden. "Es geht schließlich um die Erziehung der Kinder und die verbringen wahnsinnig viel Zeit in der Schule."
Brix ist heute davon überzeugt, dass "wir versuchen sollen, unseren Kindern die Schulzeit so angenehm wie möglich zu gestalten - stressfrei und positiv". Die Interessen der Kinder - ihre Bildung - werde aber zur Nebensache, weil in der politischen Diskussion Parteien über das richtige System streiten. "Wir müssen den verdammten Proporz aus dem Ganzen herauslassen, das ist zum Kotzen und bremst. Wie kommen die Kinder dazu das auszubaden?" (Marie-Theres Egyed, derStandard.at, 15.9.2011)